Stuttgart 21 droht auf lange Zeit eine immer teurer werdende Dauerbaustelle zu bleiben
02.01.2015, auf Grundlage einer Presseerklärung
Zur heutigen Vorstellung des von Linken und Grünen im Bundestag gemeinsamen eingebrachten Antrages „Offene Fragen zum Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 aufklären“ erklärt Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Mit diesem Antrag füllen wir unser Versprechen, das strittige Großprojekt kritisch zu begleiten, einmal mehr mit Leben. Wir weisen auf die erheblichen finanziellen Risiken und verkehrlichen Unzulänglichkeiten des Milliardenbaus hin. Wir fordern Transparenz und eine ehrliche Bewertung von Kosten und Leistungsfähigkeit.
Die Schwächen, Nachteile und Risiken von Stuttgart 21 werden immer deutlicher: Niemand weiß, wie viel das Projekt am Ende kosten wird und wer die erwartenden weiteren Kostensteigerungen tragen wird. Dies ist in erster Linie das Risiko der Deutschen Bahn (DB). Ihr wird das Geld an anderen Stellen fehlen, beispielsweise um die Infrastruktur instand zu halten und Engpässe im Netz zu beheben.
Verkehrlich wird „Stuttgart 21“ zu massiven betrieblichen Einschränkungen führen. Die baden-württembergische Landeshauptstadt wird einen Bahnhof erhalten, der auf den Ein- und Ausstieg von Fahrgästen beschränkt ist. Für das Warten eines Zuges auf Fahrgäste anderer Züge werden die vorgesehenen Kapazitäten von acht (bisher 16) Gleisen meist nicht ausreichen. Ein integraler Taktfahrplan mit optimalen Umsteigemöglichkeiten ist damit ausgeschlossen. Ebenso nicht möglich sein wird die Bildung von Zügen (Koppeln oder Flügeln) oder das Abstellen von Zügen. Das, was Fahrgäste vom bisherigen Bahnhof in Stuttgart und anderen großen Städten kennen, wird in der Landeshauptstadt künftig nicht mehr möglich sein. Hinzu kommen die zu engen Bahnsteige, deren Platzangebot durch die zusätzlichen in die Planungen aufgenommen Fluchttreppen und Aufzüge noch knapper geworden ist.
Die geplante Anbindung der Gäubahn aus Zürich an den Flughafen ist eine weitere, gravierende Schwachstelle. Sie befindet sich seit über zehn Jahren in Planung, ohne dass die Deutsche Bahn bislang ein Baurecht erwirkt hätte. Der durch eine Mitnutzung der S‑Bahn-Trasse durch Fernzüge entstehende Mischverkehr wird zu zahlreichen Restriktionen führen. Eine davon ist, dass der S‑Bahnhof umgebaut werden muss und nur je ein Gleis für S‑Bahnen und Fernzüge zur Verfügung stehen wird. Jedes dieser Gleise muss dann im Zweirichtungsverkehr genutzt werden. Verspätungen im Zugverkehr, insbesondere für die S‑Bahnen, werden die Folge sein. Eine Prognose darüber, wie viele Fahrgäste der Gäubahn-Züge tatsächlich an den Flughafen gelangen wollen, ist die DB bislang schuldig geblieben. Die beiden Fraktionen beantragen, auf den unnötigen Flughafenanschluss zu verzichten.
Die Deutsche Bahn AG als Bauträger und der Bund als Eigentümer der DB müssen sich angesichts dieser Risiken und gravierenden Nachteile für den Verkehrsträger Schiene die Frage stellen, ob sie Stuttgart 21 – noch dazu wie bisher geplant – verantworten können.
Hier der Link zum Antrag: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/036/1803647.pdf