Das kennen wir vermutlich alle: Wir sitzen gemütlich auf dem Balkon oder im Garten und werden plötzlich durch den Krach eines aufheulenden Motorrades aufgeschreckt. Besonders nervig ist der Motorradlärm nachts, wenn wir schlafen wollen. Und auch im Tourismus wird immer häufiger von Konflikten berichtet: Menschen suchen beispielsweise den Schwarzwald auf, um beim Wandern die Ruhe in der Natur zu genießen. Insbesondere an Wochenenden mit gutem Wetter werden manche idyllischen Täler, die von kurvenreichen Straßen durchzogen werden, von Dauerlärm durch Motorradkolonnen großflächig verlärmt. Es gibt keinen Grund, dies länger zu akzteptieren. Es muss Schluss sein mit dem „Spaßbonus“ für Motorräder, den einige wenige auf die Kosten der anderen ausleben!
Inwieweit die im Januar 2016 in Kraft tretenden Neuregelungen hilfreich sind oder sogar ausreichen bzw. was aus meiner Sicht getan werden muss, habe ich hier dargestellt:
- Was genau wird sich durch die neue EU-Verordnung, die im Januar in Kraft tritt, verbessern? Wenn etwas besser wird, wo? Und wenn nein, wo nicht?
Zur Erlangung einer EU-Typgenehmigung müssen von neuen Motorrädern ab dem 01.01.2016 neue Anforderungen erfüllt werden. Damit sollen Möglichkeiten zur Manipulation an den Schalldämpfern erschwert werden.
Außerdem gelten ab Januar 2016 neue EU-Bestimmungen zur Lärmmessung. Wird bislang ausschließlich im Geschwindigkeitsbereich von 50 bis 80 km/h gemessen, wird dies künftig im Geschwindigkeitskorridor von 20 bis 80 km/h erfolgen und damit realitätsnaher sein. Die Testzykluserkennung und die Steuerung, die der Einhaltung von Grenzwerte in Testsituationen dient, werden untersagt.
- Was müsste noch stärker von der Politik getan werden?
Nach Auffassung der Bundesregierung ist es die Aufgabe der Bundesländer, zu verhindern, dass zu laute Ersatzschalldämpfer oder Schalldämpfer ohne Typgenehmigung in den Verkehr gebracht werden. Von den Bundesländern ist jedoch zu vernehmen, dass diese nicht in der Lage sind, die Motorräder und den von ihnen ausgehenden Lärm wirkungsvoll zu kontrollieren. Dies hat unter anderem damit zu tun, dass unzulässige bauliche Veränderungen nicht ohne Weiteres zu erkennen und die Lärmmessungen sehr kompliziert und aufwändig sind. Hinzu kommt, dass die Bußgelder bei unzulässigen Veränderungen an den Maschinen zu niedrig sind (früher gab es dafür Punkte in Flensburg!) und eine Weiterfahrt nicht untersagt werden kann, da es sich “nur” um ein Lärm- und kein Verkehrssicherheitsproblem handelt. So wundert es nicht, dass etwa 30 Prozent aller Motorräder mit auf unerlaubter Weise manipulierten Auspuffanlagen unterwegs sind (Kontrolle von 1.400 Motorrädern durch die Polizei in Oberbayern zwischen März und Juli 2015).
Die bislang zulässigen 80 dB(A), die noch dazu nur im Geschwindigkeitskorridor zwischen 20 und 80 km/h eingehalten werden müssen, sind deutlich zu hoch. Die Bundesregierung möchte sich auf EU-Ebene zwar dafür einsetzen, dass die für Motorräder anzuwendenden Lärmgrenzwerte abgesenkt werden – aber erst am dem 01.01.2020. Dies ist zu spät! Notwendig sind deutlich strengere Lärmgrenzwerte, die auch bei Geschwindigkeiten von mehr als 80 km/h einzuhalten sind. Und es muss möglich sein, dass Motorräder, an denen unerlaubte Veränderungen vorgenommen wurden, aus dem Verkehr gezogen werden.
Diskutiert werden sollte auch, ob besonders laute Motorräder, die nach der damaligen Rechtslage zugelassen wurden, auf bestimmten Strecken mit hoher Lärmbetroffenheit von Anwohnenden und nachts mit einem Fahrverbot belegt werden sollen. Manches spricht für eine solch differenzierte und gegen eine pauschale, alle Motorräder einschließende Regelung.