25.08.2021
Keine Verlängerung der epidemischen Lage
Die nachfolgenden Fragen wurden mir von einer Lokalzeitung gestellt. Fragen und Antworten gebe ich hier (in etwas ausführlicher beantworteter Form) wieder.
Ist die Pandemie bereits überwunden? Falls nein: Wann könnte dieser Zeitpunkt erreicht sein?
Leider nein. Der Wissenschaft sei aber Dank, dass ein großer Teil auch der besonders gefährdeten Menschen durch die Impfungen ziemlich gut geschützt ist. Trotz wieder steigender Infektionszahlen droht akut keine Überlastungen des Gesundheitswesens. Auffallend ist, dass der überwiegende Großteil derer, die mit Covid in den Kliniken aufgenommen wird, nicht geimpft sind. Meine Umfrage unter den Kliniken in unserem Landkreis hat bestätigt, dass dies auch hier bei uns festzustellen ist. Um die Pandemie hinter uns zu lassen, brauchen wir einen höheren Anteil an geimpften Menschen. Daher der Appell: Lasse Sie sich impfen, sofern Sie noch nicht geschützt sind!
Einer Verlängerung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite werden wir als Grüne im Bundestag nicht mehr zustimmen. Denn die Lage heute ist eine andere als vor Monaten, wo wir alle noch vergleichsweise schutzlos gegenüber dem Virus waren. Es braucht zwar nach wie vor Schutzvorkehrungen wie die Maskenpflicht und das Abstandsgebot in bestimmten Situationen. Dafür bedarf es aber nicht mehr dieses rechtsstaatlich bedenklich gewordene Pandemie-Sonderrecht.
Welche Erfahrungen – gute wie schlechte – könnten sich als hilfreich erweisen, falls sich eine solche Situation wiederholt?
Wir sollten die bisherige Pandemiebekämpfung, mit allen gesundheitlichen wie auch sozialen Auswirkungen, gründlich auswerten. Eine Enquetekommission sollte Stärken und Schwächen des Umgangs mit der Pandemie sorgfältig und gemeinsam mit Fachleuten aus unterschiedlichen Disziplinen aufarbeiten. Daraus sollte sich ableiten lassen, wie in zukünftigen Pandemien so gehandelt werden kann, dass die Gesundheit der Menschen zielgerichtet und effizient geschützt werden kann und zugleich negative soziale und wirtschaftliche Auswirkungen beschränkt werden können.
Wie sehen Sie das Spannungsfeld, in dem Politik und Wissenschaft stehen? Wer sollte besser auf wen hören?
Ende des vergangenen Jahrs hatte ich alle Bundesländer angeschrieben und gefragt, wie sie sich in der Pandemie beraten lassen und auf welcher Basis sie ihre Entscheidungen treffen. Es ist sehr bedauerlich, dass die meisten Länder sehr defensiv kommunizieren, von wem konkret sie sich beraten lassen. Die Veröffentlichung der Namen und Funktionen der Beraterinnen und Berater, insbesondere von denen, die kein Ministerium und keine Behörde vertreten, würde sicherlich mehr Transparenz und Vertrauen herstellen. Ich wünsche mir interdisziplinäre Beratungsstäbe, denen neben Ärzten und Medizinwissenschaften auch Vertreter/innen aus den Wirtschaftswissenschaften, aus Unternehmen und aus den Erziehungswissenschaften sowie den Schulen angehören.
Siehe https://www.matthias-gastel.de/corona-so-arbeiten-die-krisenstaebe/
Für mich ist klar, dass in einer Pandemie der Gesundheitsschutz der Menschen oberste Priorität haben muss. Soziale und wirtschaftliche Auswirkungen gerade auf Kinder und Jugendliche gehören aber ebenso berücksichtigt.
Wie „demokratieverträglich“ ist eine Pandemie? Muss die Politik die Menschen in diesem Fall zu ihrem Glück zwingen?
Siehe 3. Ergänzend dazu: Alle Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Menschen waren und sind demokratisch legitimiert. Sie basieren auf Gesetzen, die von gewählten Parlamenten beraten und beschlossen wurden. Mehr Diskussion, mehr öffentliche und frühzeitigere Debatten und mehr Transparenz darüber, wie Entscheidungen zustande kommen, wären aber erforderlich gewesen bzw. sind erforderlich. Ich hätte mir auch gewünscht, dass ein verantwortungsvoller Ausstieg aus dem Pandemie-Sonderrecht, das eine nicht mehr erforderliche Eingriffsintensität wie die Schließung ganzer Betriebe und Schulen zulässt, rechtzeitig vorbereitet worden wäre. Stattdessen ist eine maßvolle Anpassung des Infektionsschutzgesetzes zielgerichteter und mit Prinzipien des Rechtsstaates besser verträglich. Meine Fraktion hat dies mehrfach gefordert, zuletzt per Antrag vom 08. Juni 2021.
Was muss beim nächsten Mal besser werden?
Sollte es zu weiteren Pandemien kommen, so müssen nach den gesundheitlichen Aspekten, die im Vordergrund stehen, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen stärker betrachtet und nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Gerade Einschränkungen für Kinder und Jugendliche sind auf das unbedingt erforderliche Minimum zu beschränken und nach Möglichkeit ganz zu vermeiden.
Unseren Antrag zur epidemischen Lage von nationaler Tragweite und dem weiteren Vorgehen in der Pandemie finden Sie hier: https://dserver.bundestag.de/btd/19/320/1932042.pdf