Langer Weg zurück auf die Schiene
Die Antwort der Bundesregierung auf meine Anfrage zeigt, welche Spuren die einseitige Ausrichtung auf den Lkw hinterlassen hat. Die vor rund 25 Jahren noch selbstverständliche Symbiose von Post und Bahn ist faktisch restlos beseitigt worden.
Das Paketaufkommen hat sich zwischen 2010 und 2020 (nicht nur Deutsche Post) von 1,71 auf 3,59 Milliarden Paketsendungen und damit um den Faktor 2,1 erhöht. Das Beispiel der Deutschen Post AG, an der der deutsche Staat noch Anteil hält, zeigt, was charakteristisch für die Branche ist: Keine Betriebsstätte der Deutschen Post AG verfügt derzeit über einen eigenen Gleisanschluss. Lediglich zwei Standorte der Deutschen Post AG könnten vergleichsweise einfach an das Schienennetz angebunden werden. Detailuntersuchungen zur Verlagerung von Güterverkehren der Deutschen Post AG bzw. zur Anbindung von Standorten an das Schienennetz laufen und dauern an. Eine abschließende Bewertung der Standorte hinsichtlich ihrer Eignung für den Schienengüterverkehr bzw. ihrer Erschließung durch neue Gleisanschlüsse liegt daher noch nicht vor. „Nach Angaben der Branche“ kommt es für die Verlagerung auf die Schiene unter anderem auf die Kompatibilität der Transportbehältnisse und auf kurze Laufzeiten der Brief- und Paketsendungen an.
Derzeit transportiert die Deutsche Post lediglich zwei Prozent ihres Frachtaufkommens auf dem Schienenweg.[1] Unternehmensziel ist es, diesen Anteil auf 20 Prozent zu erhöhen.[2] Dazu hat die Deutsche Post AG mit der Deutschen Bahn AG einen Vertrag abgeschlossen.
Meine Bewertung:
„Das Beispiel der Deutschen Post zeigt auf drastische Weise, welche Spuren die einseitige Ausrichtung auf den Lkw hinterlassen hat. Die vor rund 25 Jahren noch selbstverständliche Symbiose von Post und Bahn ist faktisch restlos beseitigt worden. Die Investitionen der Post in neue Paket- und Verteilzentren orientierten sich ab Mitte der 1990er-Jahre ausschließlich an der günstigen Lage im Fernstraßennetz. Im Ergebnis hat heute kein Paketzentrum einen Gleisanschluss. Die von der Deutschen Post im Frühjahr dieses Jahres in Aussicht gestellte Kursänderung zur Verlagerung auf die Schiene ist entsprechend aufwändig und bedarf entsprechender Planungsvorläufe. Bisher hat die Post noch keine Anträge zur Förderung neuer Gleisanschlüsse beim Bund eingereicht. Kurzfristig bleibt demnach die Nutzung des Kombinierten Verkehrs mit einem gewissen Vor- und Nachlauf auf dem Lkw.
Das Beispiel Post zeigt auch: Die Verlagerung von Güterverkehr steht und fällt mit geeigneten Zugangsstellen für den Schienengüterverkehr. Gerade in Großstädten und Ballungsräumen sind geeignete Flächen durch zunehmenden Siedlungsdruck bereits heute knapp. Wir brauchen dringend eine vorausschauende Sicherung entsprechender Bahnflächen, die derzeit nicht genutzt werden. Trotz Ankündigungen im Masterplan Schienengüterverkehr hat Andreas Scheuer auch diese Maßnahme bis heute nicht umgesetzt. Wenn es mit der Verkehrsverlagerung auf die Schiene konkret werden soll, versagt die Bundesregierung mit schöner Regelmäßigkeit.“
[1] Man habe, so DHL, „bei weniger zeitsensiblen Transporten, beispielsweise an Wochenenden, gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Bahn gemacht. Hier sei der Anteil, vor allem in der Weihnachtszeit 2020, deutlich erhöht worden. Es komme auf Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und Pünktlichkeit an. Man benötige Transporte im Nachtsprung. Es gebe noch erhebliches Verbesserungspotential. Quelle: Privatbahnmagazin 4.2021
[2] Im Interview mit einer Fachzeitschrift sprach Tobias Meyer DHL-Vorstandsmitglied von einem „langfristigen“ Verlagerungsziel. Zunächst solle der Anteil von derzeit zwei Prozent verdreifacht werden. Quelle: Privatbahnmagazin 4.2021