Fünf Thesen für eine schnelle Stärkung des Klimaschützers Schiene
Auf der Eisenbahn ruht fast die gesamte Hoffnung des Verkehrssektors. Nur mit ihr ist eine massive Einsparung der Treibhausgasemissionen, eine Reduzierung des Flächenbedarfs für den Verkehr sowie eine Reduzierung der Unfalltoten im Verkehr möglich. Daher braucht es jetzt schnelle Maßnahmen zur Stärkung der Schiene, um einerseits ein gutes Fundament für das langfristige Wachstum der Schiene zu legen und anderseits eine schnelle Verlagerung auf die Schiene zu ermöglichen. Wichtigstes Element dabei ist der Aufbau einer stabilen Infrastruktur mit ausreichend Kapazitäten für zusätzliche Verkehre. Denn ohne gute Infrastruktur können den Fahrgästen keine guten und attraktiven Angebote gemacht werden, stattdessen ist der Frust groß wegen Verspätungen und ausfallenden Zügen. Daher wollen wir Grüne den Fokus in den nächsten Jahren klar auf einen großangelegten Ausbau der Schieneninfrastruktur legen – als Fundament des Verkehrsträgers der Zukunft.
- Manchmal sind es die kleinen, verhältnismäßig schnell umsetzbaren Ausbaumaßnahmen im Bestand, mit denen Kapazitäten vorhandener Schienenwege erhöht und die Verlässlichkeit des Bahnverkehrs verbessert werden kann. So hat die Deutsche Bahn kürzlich ihre Idee für den Gleiswechselbetrieb vorgestellt. Mit zusätzlichen Überleitstellen (Weichen) und kürzeren Blockabständen wird der Bahnverkehr flexibler. So können beispielsweise schnelle Züge langsamere Züge überholen und Baustellen führen seltener zu Sperrungen auf langen Streckenabschnitten. Für derartige Kleinmaßnahmen, die binnen zwei bis vier Jahren umsetzbar sind, wollen wir bereits ab dem kommenden Jahr die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen. Mit diesen Sofortmaßnahmen können in kurzer Zeit Engpässe im Schienennetz abgemildert werden.
- Für uns Grüne ist klar, dass die Haushaltsmittel für die Schiene deutlich erhöht werden müssen. Von heute stagnierenden 1,6 wollen wir zügig auf 3 Milliarden Euro kommen. Langfristig gibt es einen Infrastrukturbedarf von mehr als 5 Mrd. Euro pro Jahr für Aus- und Neubau. Allerdings helfen alle Finanzzuwendungen nichts, solange die Schiene – und insbesondere die Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn – die Haushaltsmittel nicht abrufen und in dringend benötigte Infrastruktur umsetzen können. Hauptursache hierfür sind fehlende Planungskapazitäten. Deswegen braucht es jetzt eine langfristige Finanzierungssicherheit, an der sich die Planungskapazitäten orientieren können. Der Bund ist in Verantwortung, Hochschulen in der Werbung zu stärken und gleichzeitig genug Studienplätze für die Ingenieursberufe zum Ausbau der Schiene zu Verfügung zu stellen. Wir setzen den Fokus klar auf den Aus- und Neubau auf Radwege und die Schieneninfrastruktur, den beiden Klimarettern im Verkehrssektor. Um schneller voranzukommen wollen wir eine frühzeitige Bürgerbeteiligung als Standard und Genehmigungsverfahren stärker bündeln. Mit der frühen Einbindung der Bürgerinnen und Bürger wird die Akzeptanz der Projekte gestärkt und spätere Klagen und Einwendungen manchmal vermieden. Auch der Deutschlandtakt ist vielen noch unbekannt, hier braucht es jetzt eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, die Ziele und notwendige Infrastrukturausbauten vermittelt. Ohne gute Infrastruktur ist ein guter und attraktiver Betrieb unmöglich.
- In den letzten Jahren hatten sowohl die Deutsche Bahn als auch die Bauunternehmen zu wenig Planungssicherheit. Ständig schwankende Finanzmittel und Kürzungen warfen den Ausbau der Schiene ein ums andere Mal zurück. Deswegen braucht es jetzt eine langfristige Finanzierungssicherheit durch einen Schieneninfrastrukturfonds nach Schweizer Vorbild. Durch die langfristige, überjährige Finanzierung bekommen die beteiligten Unternehmen wichtige Planungssicherheit und können ihre eigenen Kapazitäten entsprechend bemessen. Dazu gehört auch ein Aufbrechen des Finanzierungskreislaufs Straße, denn dadurch heizt sich der klimaschädliche Straßenausbau nur immer weiter an. Stattdessen muss ein Teil der Mauteinnahmen in den Schienenausbau fließen, wie dies in der Schweiz gehandhabt wird. Damit können sowohl größere Vorhaben aber auch unzählige kleine Maßnahmen finanziert und damit verbindlich umgesetzt werden.
- Doch nicht nur die Infrastruktur muss ausgebaut werden. Bereits jetzt können auf vielen Strecken zusätzliche Verkehre angeboten werden. Innerhalb der nächsten Jahre müssen die Bundesländer ihre Regionalverkehre deutlich ausweiten und vor allem Züge häufiger fahren lassen, damit Menschen auf die Schiene umsteigen. Im Fernverkehr können bereits jetzt mehr Städte an den Fernverkehr angebunden werden als dies aktuell der Fall ist. Ein Intercity nach Chemnitz, Heilbronn oder Trier wäre zeitnah möglich und würde Millionen von Menschen wieder an den Fernverkehr anschließen.
- Die aktuellen Bewertungsmethodiken zur volkswirtschaftlichen Bewertung von Infrastrukturprojekte sind ein Hindernis, da sie willkürlich und leicht manipulierbar sind. Während bei der Straße ein Stau Anlass genug ist, um Autobahnen auszubauen, kann bei der Schiene der Aspekt Pünktlichkeit und Betriebsstabilität bislang kaum berücksichtigt werden. Als die Bundesregierung einige Ausweichstrecken für den Güterverkehr elektrifizieren wollte, merkte sie wohl selbst, dass dies mit der aktuellen Bewertungsmethodik kaum möglich ist. Deswegen muss hier umgedreht gedacht werden. Welche Infrastruktur brauchen wir auf der Schiene, damit 30% der Verkehrsleistung im Personenverkehr und 40% im Güterverkehr über die klimafreundliche Schiene fahren können? Wie muss die Infrastruktur ausgestaltet sein, damit auch im Verspätungsfall ein reibungsloser Betrieb möglich ist? Statt mit einer leicht manipulierbaren Methodik, die nur ja oder nein kann, müssen wir im Netzzusammenhang planen und Maßnahmen entsprechend bewerten. Daher braucht es einen komplett neuen Ansatz, die Notwendigkeit und das Ausmaß von Infrastruktur zu bewerten.