Ukraine: Harte Sanktionen für Putins Angriffskrieg

01.03.2022

Herausforderung für Europas Sicherheitsarchitektur

Der von Prä­si­dent Putin befoh­le­ne Angriffs­krieg auf die Ukrai­ne ver­stößt mas­siv gegen inter­na­tio­na­les Recht und ist aufs Schärfs­te zu ver­ur­tei­len. Mei­ne Gedan­ken sind bei den Men­schen in der Ukrai­ne. Dies gilt ins­be­son­de­re auch für die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger Pol­ta­was, der gemein­sa­men Part­ner­stadt der Kreis­städ­te Fil­der­stadt, Ost­fil­dern und Lein­fel­den-Ech­ter­din­gen. Ich bedau­re, dass lan­ge und inten­sivs­te diplo­ma­ti­sche Anstren­gun­gen die­se Aggres­si­on gegen den sou­ve­rä­nen Staat und sei­ne Bevöl­ke­rung nicht haben ver­hin­dern kön­nen.

Es wur­den rasch har­te und weit­rei­chen­de Sank­tio­nen von Deutsch­land, der EU und ande­ren Staa­ten ver­hängt. So wur­den Sank­tio­nen gegen rus­si­sche Ban­ken und auch direkt gegen Putin und des­sen Außen­mi­nis­ter ver­hängt. In der StZ von Sams­tag, 26.02.2022 sag­te die Poli­to­lo­gin Julia Grau­vo­gel, Sank­ti­ons-Exper­tin am Ham­bur­ger Leib­niz-Insti­tut für Glo­ba­le und Regio­na­le Stu­di­en: „Das Gesamt­pa­ket ist auf jeden Fall beträcht­lich.“ Die jetzt beschlos­se­nen Straf­maß­nah­men wür­den mit­tel­fris­tig einen Effekt haben. Das gel­te ins­be­son­de­re für die Sank­tio­nen, die auf den rus­si­schen Ban­ken­sek­tor zie­len.

In Tei­len der deut­schen Öffent­lich­keit wur­de kri­ti­siert, dass die deut­sche Bun­des­re­gie­rung sich nicht sofort nach Beginn der Angrif­fe auf die Ukrai­ne für die Sper­rung des SWIFT-Zah­lungs­ver­kehrs durch Russ­land ein­ge­setzt hat. Hier­zu ist zu sagen: Der Aus­schluss Russ­lands stellt zwei­fels­frei eine wei­te­re sehr schmerz­haf­te Maß­nah­me dar. Eine har­te Sank­ti­on trifft aber nicht auto­ma­tisch schwer­punkt­mä­ßig die­je­ni­gen, die man tref­fen möch­te. Daher hat­ten wir in der Koali­ti­on mit Hoch­druck dar­an gear­bei­tet, im Zusam­men­hang mit SWIFT eine dif­fe­ren­zier­te Lösung zu fin­den, die rus­si­schen Ban­ken, die das Sys­tem Putin in beson­de­rer Wei­se stüt­zen, mög­lichst genau zu tref­fen und dabei Kol­la­te­ral­schä­den so gut wie mög­lich zu redu­zie­ren. Wir wis­sen, dass in frü­he­ren Fäl­len in ande­ren Län­dern bei­spiels­wei­se auch NGO/Hilfsorganisationen getrof­fen wur­den. Auch kön­nen wir die hohe Abhän­gig­keit von Deutsch­land von rus­si­schem Gas und Erd­öl, die höher als die eini­ger ande­rer euro­päi­scher Län­dern ist, nicht aus­blen­den. So sehr wir als Grü­ne unser Land schon vor Jah­ren ger­ne unab­hän­gig davon gemacht hät­ten: Wir kön­nen die aktu­ell bestehen­de über­durch­schnitt­li­che Abhän­gig­keit nicht igno­rie­ren und auch nicht kurz­fris­tig besei­ti­gen. Wenn unse­re Ver­sor­gungs­si­cher­heit zu stark beein­träch­tigt ist, so kön­nen wir bei uns eine Insta­bi­li­tät der Ver­hält­nis­se nicht aus­schlie­ßen – genau das ist aber, was Putin errei­chen will. Wir sind der Mei­nung, dass wir uns in die­ser Situa­ti­on ein­schrän­ken müs­sen und den Men­schen sowie Unter­neh­men bei uns Zumu­tun­gen nicht erspa­ren kön­nen. Wir kön­nen aber nicht, so ger­ne wir es wür­den, auf Impor­te aus Russ­land ver­zich­ten. Die­se Impor­te kön­nen nur so lan­ge erfol­gen, so lan­ge sie bezahlt wer­den kön­nen.

Ent­schei­dend ist, dass wir mög­lichst schnell unse­re Ener­gie­ab­hän­gig­keit von Russ­land redu­zie­ren. Das wirkt unmit­tel­bar auf das Sys­tem Putin. Es ist ein rie­si­ger Feh­ler und ein schwer­wie­gen­des Ver­säum­nis, dass wir noch immer zu mehr als 50 Pro­zent von Erd­gas aus Russ­land abhän­gig sind. Die neue Bun­des­re­gie­rung wird alles unter­neh­men, um die Alter­na­ti­ven so schnell wie mög­lich aus­zu­bau­en und die Abhän­gig­keit von Russ­land zu redu­zie­ren. Dabei neh­men wir auch mög­li­che Här­ten wie stei­gen­de Ener­gie­prei­se (für die wir bereits in die­ser Woche Aus­glei­che ins­be­son­de­re für Men­schen mit engem Bud­get beschlos­sen haben) und Ein­bu­ßen unse­rer Wirt­schafts­kraft in Kauf.

Putins Krieg stellt die Sicher­heits­ar­chi­tek­tur in Euro­pa und dar­über hin­aus vor völ­lig neue Her­aus­for­de­run­gen. Als Par­tei mit Wur­zeln in der Frie­dens- wie auch in der Men­schen­rechts­po­li­tik sahen wir Grü­ne uns in einer Zwick­müh­le. Doch schnel­les Han­deln war das Gebot der Stun­de, um Putin Gren­zen auf­zu­zei­gen und das Selbst­ver­tei­di­gungs­recht der Ukrai­ne mit­samt Demo­kra­tie und Rechts­staat zu stüt­zen. Wir haben in und mit der Regie­rungs­ko­ali­ti­on schnell reagiert. Gelie­fert wur­den Pan­zer­fäus­te und gepan­zer­te Fahr­zeu­ge für den Per­so­nen­trans­port. Auch Treib­stoff wird gelie­fert. Hier ist zu beach­ten, dass Deutsch­land – aus gutem Grund – stren­ge Rüs­tungs­export­re­geln hat. Rüs­tungs­expor­te haben wir aber nie gene­rell abge­lehnt. Zu die­ser dif­fe­ren­zier­ten Betrach­tung ste­hen wir wei­ter­hin.

Noch eini­ge Infor­ma­tio­nen zu den Geflüch­te­ten: Die EU hat sich seit Wochen auf die Ver­tei­lung und Auf­nah­me vor­be­rei­tet. Auch Polen ist eng ein­ge­bun­den. Die Auf­nah­me­be­reit­schaft ist groß. Ich sel­ber war inten­siv mit der Deut­schen Bahn im Dia­log, da mir die mög­lichst unkom­pli­zier­te Beför­de­rung der Geflüch­te­ten wich­tig ist. Die Regel sieht nun so aus, dass ukrai­ni­sche Geflüch­te­te in allen DB-Rei­se­zen­tren und DB-Agen­tu­ren in Deutsch­land das Ticket „hel­pukrai­ne“ erhal­ten. Das kos­ten­lo­se Ticket gilt für die Fahrt im Fern- und Nah­ver­kehr zu jedem Ziel­bahn­hof. Damit kön­nen die Geflüch­te­ten ihre Fami­li­en, Ver­wand­ten und Bekann­ten in ganz Deutsch­land errei­chen.

Hin­weis:

Bit­te beach­ten Sie, dass die Situa­ti­on in der Ukrai­ne sowie unser dies­be­züg­li­cher Infor­ma­ti­ons­stand sich stän­dig ändern. Das­sel­be gilt für wei­te­re Ver­schär­fun­gen der Maß­nah­men gegen Putins Russ­land. Die Bun­des­mi­nis­te­ri­en befin­den sich im per­ma­nen­ten Aus­tausch unter­ein­an­der, mit der EU, ande­ren euro­päi­schen Staa­ten, den USA und natür­lich, so mög­lich, der Ukrai­ne. Die­ser Text stellt einen Sach­stand zu einem bestimm­ten Zeit­punkt dar und kann nicht jeder­zeit aktua­li­siert wer­den.