30.07.2022
Gespräch mit der Nahverkehrsgesellschaft B‑W
Gemeinsam mit meinem wissenschaftlichen Team habe ich mich mit Fachleuten der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) zum Gespräch getroffen. Es ging um die Reaktivierung stillgelegter Trassen, den Ausbau verschiedener Strecken wie der Bodenseegürtelbahn und die Berücksichtigung der Bedarfe des Schienengüterverkehrs.
Reaktivierungen
Das Land hatte vor einiger Zeit die Fahrgastpotentiale für Reaktivierung untersuchen lassen. Für sage und schreibe knapp 40 Strecken werden nun vertiefte Untersuchungen (Machbarkeitsstudien) erstellt. Diese weisen eine Streckenlänge von aufsummiert 400 bis 500 Kilometer auf. Die meisten, aber nicht alle Strecken, waren Gegenstand der erwähnten Potentialstufen und waren innerhalb der vier Kategorien in die Kategorien A bis C (A = sehr hohes Fahrgastpotential) eingestuft worden. Die Beauftragung der Machbarkeitsstudien erfolgt durch die Kommunen, diese werden aber vom Land gefördert.
Brenzbahn
Die Bahnstrecke zwischen Aalen über Heidenheim nach Ulm weist durchgehend eine hohe Fahrgastnachfrage auf. Daher wird dem geplanten Ausbau ein Halbstundentakt mit Halten überall plus einer schnellen Verbindung pro Stunde zugrunde gelegt. Der Güterverkehr soll wegen der zahlreichen Industriebetriebe in besonderer Ausprägung berücksichtigt werden, indem für diesen 740 Meter lange Züge ermöglicht und auch tagsüber Trassen vorgesehen werden. Der Ausbau umfasst die Elektrifizierung und längere zweigleisige Abschnitte. Gegen Jahresende könnte der Planungsvertrag mit der DB geschlossen und dann mit der eigentlichen Planung begonnen werden. Die Umsetzung dürfte 12 bis 15 Jahre beanspruchen.
Bodenseegürtelbahn
Auf Basis der Vorzugsvariante, die neben dem stündlichen Express einen Halbstundentakt der Regionalbahn ermöglicht, wird der Ausbau geplant. Vorgesehen sind die Elektrifizierung und einzelne Doppelspurabschnitte, so zwischen Friedrichshafen Stadt und Manzell sowie zwischen Uhldingen und Nussddorf. Die Planungen für Leistungsphase 1 und 2 laufen und werden in Bälde abgeschlossen. Die Kosten könnten bei etwa 100 Millionen Euro für die Elektrifizierung und über 200 Millionen für die zusätzlichen Gleise liegen. Gegen Ende dieses Jahrzehnts, vermutlich aber später, könnten mehr Züge als heute fahren – unter Fahrdraht.
Hochrheinbahn
Die Unterlagen fürs Planfeststellungsverfahren für den Ausbau sind eingereicht. Im Sommer 2023 werden alle Planfeststellungsbeschlüsse erwartet. Der Baubeginn ist Ende 2025 und die Inbetriebnahme zum Fahrplanwechsel zwei Jahre später als Gesamtes vorgesehen. Neue Stationen werden entstehen in Waldshut-West, Bad Säckingen-Wallbach und in Rheinfelden-Warmbach. Der Bahnhof in Lauchringen wird deutlich aufgewertet. So wird ein zweiter Bahnsteig nutzbar gemacht. Auch in Waldshut wird es Veränderungen geben. (Leider) nicht vorgesehen sind zweigleisige Streckenabschnitte. Fürs Betriebskonzept, das je zwei schnelle und zwei langsame Verbindungen pro Stunde vorsieht, werden diese zusätzlichen Gleise für entbehrlich gehalten. Die Baumaßnahmen werden 12-monatige Vollsperrungen auf verschiedenen Abschnitten erfordern.