Viel Kundschaft, wenig Lebensmittel, wenig Ehrenamtliche
Die Tafelläden geraten durch eine wachsende Nachfrage und ein schrumpfendes Angebot an Lebensmitteln immer mehr in Bedrängnis. Darüber sprach ich vor Ort in Filderstadt.
Der Kreisdiakonieverband im Landkreis Esslingen betreibt sieben Diakonieläden. Dazu zählen drei Tafeln auf den Fildern (Leinfelden-Echterdingen, Filderstadt und Ostfildern). An einigen der Standorte, jedoch nicht mehr in Filderstadt, werden auch gebrauchte Möbel angeboten. In Filderstadt gibt es neben den Lebensmitteln ein breites und gut gefülltes Angebot an gebrauchter Kleidung sowie Spiele und – genug, aber nicht reichlich – Haushaltswaren. Zum Einkauf muss eine Berechtigung nachgewiesen werden. Die Kriterien dafür wurden von Diakonie und Caritas gemeinsam festgelegt. Wer zur Kundschaft des Jobcenters zählt oder eine niedrige Rente bezieht erhält eine Karte, die zum deutlich vergünstigten Einkauf berechtigt. Abgelehnt wird ein Antrag nur selten. Dies dürfte, so vermuten meine Gesprächspartnerinnen, daran liegen, dass viele gehemmt sind, sich als „arm“ zu outen und ohnehin nur kämen, wenn die Not groß sei. Aktuell wurde für 650 Personen eine Berechtigungskarte für die Tafel in Filderstadt ausgestellt. Neben immer mehr Rentnerinnen und Rentnern sind seit Frühjahr auch zunehmend Geflüchtete aus der Ukraine darunter. Von den Geflüchteten aus der Zeit der „Flüchtlingskrise“ sind kaum mehr Berechtigte dabei.
Nach einem Rundgang durch die verschiedenen Bereiche des Ladens spreche ich mit Tanja Herbrik, der Leiterin des Fachbereichs „Armut und Beschäftigung“ des Kreisdiakonieverbandes sowie mit Elisabeth Ganssloser, der Ladenleitung. Ich bekomme erläutert, dass seit Corona viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer fehlen, da diese überwiegend der älteren Generation angehören. Gleichzeitig ist die Anzahl der Einkaufsberechtigten gestiegen und die Menge an gespendeten Lebensmitteln gesunken. „Die Proportionen stimmen nicht mehr.“ Insbesondere fehle es an Trockenware und Obst/Gemüse. Offenbar habe der Lebensmittel-Einzelhandel seine Einkaufspolitik verändert. So verkaufe dieser zunehmend preisreduziert, wenn sich Ware dem Mindeshaltbarkeitsdatum nähere. Sei dies tatsächlich der Grund für geringere Mengen, so sei dies kein Problem. Denn schließlich hätten sich die Tafeln einst gegründet, um gegen Lebensmittelverschwendung vorzugehen. Deren Funktion sei nicht die einer Stütze des Sozialsektors, auch wenn man zunehmend in die Verantwortung für die Grundversorgung gekommen sei. Dieser könne man aber immer weniger nachkommen.
„Für Menschen mit schmalem Geldbeutel ist es schwierig sich ausreichend mit Lebensmitteln, Bekleidung, Hausrat und Möbeln zu versorgen. Diakonieläden und Tafelläden ergänzen die Versorgung von Menschen am Rande und unter der Armutsgrenze.“ So steht es auf der Homepage des Diakonieverbands geschrieben.