Meine Haushaltsrede: Anfang, deutlich mehr muss folgen
Nachfolgend gebe ich das Bundestags-Protokoll meiner Haushaltsrede wider. Im Anschluss daran liefere ich noch einige ergänzende Informationen.
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Handlungsbedarf ist gerade im Bereich der Schienenwegeinfrastruktur besonders groß. Wir erleben aktuell massive Verspätungen im Bahnverkehr. Es wird zu wenig in die Infrastruktur investiert. Aber die Deutsche Bahn ist noch nicht mal in der Lage, dieses Geld vollständig abzurufen und zu verbauen. Deren Baustellenmanagement ist sehr kritikwürdig. Die Kapazität ist zu niedrig, auch durch die vielen Baustellen, die nicht gut gemanagt werden. Gestern hat der DB-Chef sogar verkündet, dass Güter teilweise wieder auf die Straße wandern müssen, weil die Kapazitäten auf der Schiene nicht ausreichen. Das, meine Damen und Herren, ist die Folge von drei völlig verkehrten Bundesverkehrsministern, drei Verkehrsministern in Folge, die von der CSU kamen. Drei Unionsbundesverkehrsminister waren einfach zu viel für das deutsche Schienennetz; das verkraftet es nicht. Sie haben ein einziges bahnpolitisches Trümmerfeld hinterlassen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Tata! Tata! Tata! – Victor Perli (DIE LINKE): Warum kürzen Sie denn dann? – Zurufe der Abg. Florian Oßner (CDU/CSU) und Dr. Dirk Spaniel (AfD))
Der Haushalt 2022 ist sicherlich nicht genug und schon gar nicht genug, um alle Probleme zu lösen; aber er enthält einige positive Botschaften. Beispielsweise steigen die Bedarfsplanmittel für den Aus- und Neubau der Schiene gegenüber 2021 um 22 Prozent. Die Lärmsanierungsmittel steigen um 33 Prozent an, und für die elektrische Güterbahn gibt es 24 Prozent mehr als noch im Vorjahr.
(Zuruf von der CDU/CSU: Sag mal, was ihr alles kürzt!)
Die Investitionen in die Schieneninfrastruktur steigen gegenüber 2021 um insgesamt 180 Millionen Euro. Die Investitionen in die Schiene liegen um 970 Millionen Euro höher als die in die Straße. Wobei – das muss man gleich dazusagen -: Wir müssen mal darüber reden, was da alles jeweils reingerechnet wird; das müssen wir noch machen.
(Zuruf des Abg. Florian Oßner (CDU/CSU))
Aber der Weg, der Kurs, den wir hier einschlagen, stimmt auf jeden Fall.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
7,4 Milliarden Euro stehen an Verpflichtungsermächtigungen zur Verfügung, das heißt Finanzierungssicherheit für die Infrastruktur in den Folgejahren. Und ich als ein Fan der Nachtzüge freue mich ganz besonders, dass es hier vorangeht, dass wir an einem europäischen Nachtzugkonzept arbeiten und hier die Schiene gegenüber dem Flugverkehr attraktiver machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Carina Konrad (FDP))
Im Haushalt 2023 wird die Koalition dafür sorgen müssen, den Koalitionsvertrag noch deutlich stärker abzubilden, als es jetzt gelungen ist. In Stichworten: Es geht um die Bahnhöfe, die Engpassbeseitigung im Netz, es geht um die Gleisanschlüsse für Industriebetriebe – dazu muss der Verkehrsminister auch mal die Förderrichtlinie vorlegen -, und es geht um Klarheit darüber, dass es dauerhaft niedrigere Trassenpreise insbesondere für den Güterverkehr gibt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Anders als mit mehr Geld für die Schiene lassen sich die Klimaziele im Verkehrsbereich nicht erreichen. Wir haben also viel zu tun. Der 2022er-Haushalt ist ein Anfang. Aber wir sind noch nicht weit genug; da muss 2023 deutlich mehr geliefert werden. Es braucht insbesondere deutlich mehr Mittel für die Schiene gegenüber der Straße.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir brauchen eine starke Schiene: im Personenverkehr, damit mehr Leute statt mit dem Auto mit einer zuverlässigen Bahn fahren, -
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- und im Güterverkehr, damit mehr Güter auf die Schiene verlagert werden können. So erreichen wir eine bessere, gesündere Mobilität und erreichen auch die Klimaziele im Verkehr.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Anmerkungen und Ergänzungen
Der Haushalt für 2022 tritt wegen der Bundestagswahl und der Regierungsbildung erst deutlich verzögert und faktisch für einen verkürzten Zeitraum in Kraft. Zufrieden stellen kann er uns nicht. Erstens spiegelt sich darin längst noch nicht alles wieder, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Zweitens würde mehr Geld für die Bahn oft aber gar nichts bewirken, weil die Deutsche Bahn noch auf Haushaltsreste aus den Vorjahren zurück greifen kann, da sie schon die zu geringen Investitionsmittel selbst angesichts gestiegener Baupreise nicht verbauen konnten. So stehen beispielsweise – zusätzlich zu den „frischen“ Haushaltsmitteln – rund 400 Millionen Euro an Haushaltsresten für Aus- und Neubau (Bedarfsplanmittel) sowie 300 Millionen Euro für die Digitalisierung zur Verfügung. Wenn wir bei der Sanierung und dem Ausbau der Schienenwege vorankommen wollen, dann müssen mehrere Schritte gleichzeitig gegangen werden: Erhöhung der Planungskapazitäten bei der DB, Erhöhung der Bundesmittel für die Schieneninfrastruktur und die Beschleunigung von Planungs- und Umsetzungsprozessen.