11.06.2014
Es scheint, als habe es Bundesverkehrsminister Dobrindt von vorneherein so eingefädelt: Im Vorwort der Grundkonzeption zum Bundesverkehrswegeplan 2015 spricht er noch klar vom Vorrang des Erhalts vor dem Neubau von Verkehrswegen. Dann aber, einige Seiten weiter hinten, spricht er zwar vom demografischen Wandel und rückläufigen Einwohnerzahlen. Aber dann heißt es: „Der Personen- und Güterverkehr wird auch unabhängig vom demografischen Wandel … in den kommenden Jahren zunehmen.“ Nochmals einige Seiten später wird darauf verwiesen, dass „durch den Ausbau der Schienenwege der Modal-Split-Anteil Schiene nur geringfügig erhöht werden kann.“ Wenn die „erreichbaren Verlagerungswirkungen als gering“ eingeschätzt werden, dann kann man doch auch gleich in neue Straßen investieren, oder? Den Eindruck, dass im Hause Dobrindt genau so gedacht wird, verstärkt der Minister mehrfach: So sollen von den fünf Milliarden Euro, die in dieser Legislaturperiode zusätzlich für die Verkehrsinfrastruktur bereitgestellt werden sollen, 70 Prozent in den Straßenbau fließen – und zwar vollständig für den Neubau. Und um möglichst viele öffentlichkeitswirksame Spatenstiche vollziehen zu können, wird im Bundesverkehrswegeplan eine neue Kategorie, der „vordringliche Bedarf Plus“, eingeführt werden. Die Gelder sollen gezielt in Straßenprojekte gesteckt werden, die binnen kürzester Zeit – der Amtszeit Dobrindts – begonnen werden können. Und damit sich ein rundes Bild ergibt, hat der Minister heute die Verkehrsprognose für das Jahr 2030, eine der Grundlagen für den Bundesverkehrswegeplan, vorgestellt. Demnach ist mit immensen Verkehrs-Wachstumsraten zu rechnen. Der Güterverkehr soll absolut am stärksten – wen wundert es – auf der Straße zunehmen. Prozentual soll das Wachstum auf der Schiene zwar etwas stärker ausfallen als das auf der Straße. Der Modal Split soll sich aber nur geringfügig zugunsten der Schiene entwickeln und mit geringeren Wachstumsraten, als Verluste für die Binnenschifffahrt vorhergesehen werden. Auch beim Personenverkehr wird ein Wachstum des motorisierten Individualverkehrs erwartet, wenngleich der Verkehrsanteil sinken soll. Leider aber nur wenig zugunsten des Eisenbahnverkehrs und schon gar nicht zugunsten des ÖPNV, sondern vor allem zugunsten des Flugverkehrs. Der Luftverkehr soll um 65 Prozent, gemessen in Personenkilometern, wachsen.
Der VCD kritisiert daher zu Recht, dass die Bundesregierung mit Instrumenten der Vergangenheit weitermachen möchte. Verkehrskonzepte, die vor allem auf mehr Straßen setzen und schon in der Vergangenheit gescheitert sind, sollen in die Zukunft fortgeschrieben werden. Von Verkehrsvermeidung ist mit keinem Wort die Rede. Und selbst Verkehrsverlagerung ist ausdrücklich kein Ziel der Bundesverkehrswegeplanung. So werden die Weichen weiterhin falsch gestellt. Die Stärkung umwelt- und klimafreundlicherer Verkehrsarten bleibt ebenso auf der Strecke wie das in so vielen Sonntagsreden beschworene Prinzip „Erhalt vor Neubau“.