23.03.2023
Mit Abgeordneten aus Bayern & Österreich im Gespräch
Der alpenquerende Transitverkehr per Lastwagen belastet Mensch und Umwelt insbesondere im Österreichischen Bundesland Tirol, aber auch die Beziehungen zwischen Tirol und Bayern. Denn Tirol versucht sich durch Blockabfertigungen vor Staus auf der Brennerautobahn und Ausweichverkehren zu schützen.
Die Situation ist seit Jahren festgefahren: Tirol dosiert die Anzahl der Lastwagen, es bilden sich lange Staus zurück auf deutscher Seite und Bayern propagiert den freien Warenverkehr. Das Speditionsgewerbe kritisiert, das Fahrpersonal könne häufig die Vorschriften für die Lenkzeiten nicht einhalten und Lieferketten würden durcheinander geraten. Die Staus können mal bis zu 70 Kilometer lang werden und das Warten kann 10 Stunden dauern. Aus Österreich dagegen kommen Klagen wegen Luftverschmutzung und Lärm durch mehr als 2,5 Millionen Lastwagen pro Jahr auf der Brennerroute. 24 „Dosiertage“, wie sie in Österreich bezeichnet werden, sind fürs erste Halbjahr 2023 vorgesehen. Dann dürfen pro Stunde noch 100 bis 300 statt der üblichen 650 Lastwagen de Grenze passieren. Damit will man Staus vermeiden, in denen dann auch Rettungsdienste im Einsatz festhängen würden.
Der Streit zwischen beiden Ländern wurde in der Vergangenheit wenig konstruktiv ausgetragen. Dabei dürfte klar sein, dass weder die hohe Belastung noch die Blockabfertigung auf Dauer akzeptabel sein können. Schwer zu verstehen ist daher, dass sich die Verkehrsminister beider Bundesländer kürzlich erstmals getroffen haben. Die Idee: Ein digitales Slotsystem, in dem Fahrten vorab registriert werden können. Das kann zwar helfen, dass besonders belastende Ausweichverkehre aufgrund überlasteter Autobahnabschnitte vermieden werden. An der Grundproblematik, dass ein deutlich zu hoher Anteil des Güterverkehrs über die Straße abgewickelt wird, ändert ein solches System, das noch nicht einmal in greifbarer Nähe ist, nichts. Statt die Lkw-Fahrten nur gleichmäßiger zu verteilen, sollten aus unserer Sicht die Anstrengungen verstärkt werden, mehr Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. Dazu gehört auf deutscher Seite der beschleunigte Ausbau des Brennernordzulaufs. Doch die CSU hat das notwendige Projekt immer wieder ausgebremst. Während in Österreich und Italien der Brennerbasistunnel längst im Bau ist, steckt man in Deutschland noch in den Planungen. Aber es gibt auch im Bestand noch freie Schienen-Kapazitäten. Eine Korridormaut, ein Aufschlag auf die Lkw-Maut, könnte von deutscher Seite wichtige Impulse setzen, wo möglich auf die Bahn zu setzen. Die Lkw-Maut muss entsprechend Koalitionsvertrag der „Ampel“ und einer Absprache zwischen den drei Koalitionsfraktionen ohnehin neu geregelt werden. Eine Maut mit Verlagerungsanreizen könnte nicht nur den Konflikt zwischen beiden Ländern entschärfen helfen, sondern zudem die Akzeptanz für den Ausbau der Brennerzuläufe erhöhen. Denn manchmal ist zu hören, die Kapazitäten der Schienenwege im Bestand würden ausreichen, da der Güterverkehr auch in Zukunft weit überwiegend auf der Straße rollen würde.
Ich bin seit längerem mit Abgeordneten-Kollegen aus Österreich/Tirol sowie dem Bayerischen Landtag im Austausch. Erst jetzt wieder kam ich mit Markus Büchler (MdL aus Bayern) und Hermann Weratschnig (Nationalrat aus Österreich), diesmal per Videokonferenz, zusammen. Wir sprachen über den Sinn eines Slotsystems (siehe oben) sowie einer Korridormaut (hat größeres Potential) und dass dringend höhere Anteile des Güterverkehrs auf die Schiene verlagert werden müssen. Von österreichischer Seite wurde deutlich gemacht, dass die bestehenden Nachtfahrbeschränkungen und Euroklassenverbote nicht in Frage gestellt werden dürfen.
Quellen zusätzlich zum Gespräch: Stuttgarter Zeitung v. 23.02.2023; Deutsche Verkehrszeitung vom 22.02.2023 und vom 15.03.2023