Die Batteriezellforschung macht große Fortschritte und Mercedes legt ein klares Bekenntnis zum Standort Stuttgart sowie zu „Null Emission“ ab. Das nehme ich von einem Betriebsbesuch in Untertürkheim mit.
Zahlreiche prominente Gäste, darunter Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Ministerpräsident Winfried Kretschmann, waren dabei, als in Stuttgart-Untertürkheim der neue Elektromobilitäts-Campus („eCampus“) eröffnet wurde. In der neu errichteten Großhalle findet die Forschung und Entwicklung neuer Batteriezellen und Batterien für Pkw statt. In relativ kleinen Stückzahlen werden die Batterien für Testzwecke hergestellt. Am Standort, an dem unter anderem auch Antriebskomponenten gefertigt werden, arbeiten mehr als 23.000 Beschäftigte. In Kleingruppen wurden die Eröffnungsgäste durch die Forschungs‑, Entwicklungs- und Produktionsbereiche geführt und die einzelnen Schritte bis zur fertigen Batterie erläutert. Es dauert etwa zwei bis sieben Jahre, bis die jeweils entwickelte Batteriegeneration marktfähig ist. Dabei geht es um die Energiedichte (und damit Größe und Reichweite) sowie um die Lebensdauer. Ich habe auch die Aspekte von Rohstoffen wie Kobalt (wird noch eingesetzt, aber deutlich reduziert) und Recycling angesprochen.
In seiner Rede versprach Mercedes-Chef Ola Källenius, dass der Konzern dem Standort Stuttgart treu bleiben werde (wofür man alleine für die neue Halle „einen dreistelligen Millionenbetrag investiert“ habe) und man „auf null Emission“ setzen würde. Man investiere unverändert in Elektromobilität. Er bedankte sich für die neue Förderung von elektrisch betriebenen Dienstwagen. Robert Habeck wies darauf hin, dass in anderen Ländern nicht bei der Entwicklung von Batteriezellen und E‑Autos gezögert würde. Daher dürfe man das in Deutschland auch nicht, da man sonst im Wettbewerb verlieren würde. Der Forschungschef des Autobauers kündigte an, ab dem kommenden Jahr würde die Reichweite von 750 Kilometer erreicht, was jeden Bedarf erfüllen würde. Dann gehe es nicht mehr um noch mehr Reichweite, sondern um die Verringerung von Gewicht und Volumen der Batterien.
Ich konnte am Rande der Veranstaltung auch mit dem Automobilforscher Stefan Bratzel sprechen, der ebenfalls als Gast gekommen war. Er betonte, die Chance der deutschen Industrie liege in der Innovation durch Forschung und Entwicklung. Da es nur noch wenige Jahre dauern würde, bis China mit seinen Produkten mächtig auf den europäischen Markt komme, müsse man hier an Tempo zulegen. Wir seien in der Technologieentwicklung zu langsam. In einem Zeitungsinterview hatte Bratzel gesagt: „Wir müssen mindestens so viel innovativer oder besser sein, wie wir teurer sind. (…) Wir sind zwar nicht schlechter geworden, aber die anderen sind schneller und besser geworden.“[1] In diese Kerbe schlägt auch Heike Proff, Lehrbeauftragte für Betriebswirtschaftslehre und internationales Automobilmanagement an der Universität Duisburg-Essen: „Automobilunternehmen müssen die Transformationsgeschwindigkeit erhöhen“. Sie verweist darauf, dass es in China inzwischen 95 verschiedene E‑Auto-Marken gebe. Diese würden sich über kurz oder lang zu 10 bis 12 Herstellern zusammenschließen, was sie dann sehr schlagkräftig machen würden. Auf diese entstehende Konkurrenz müsse man in Europa vorbereitet sein.[2]
Doch wie steht es um die Nachfrage nach E‑Autos? „Ich glaube, wir reden uns in Deutschland die Elektromobilität derzeit ein wenig kaputt. Dagegen sehen wir ansonsten überall in der Welt Wachstum“, erklärte der Fords Deutschland-Chef Martin Sander.[3] Er nannte Länder wie Brasilien, Australien und Thailand.
[1] Stuttgarter Zeitung vom 06. Mai 2024
[2] Tagesspiegel Background vom 19. Juni 2024
[3] Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 04. April 2024