Lange und hartnäckig habe ich darauf gedrängt, dass die Deutsche Bahn ihre dafür geeigneten Flächen nutzt, um Solarstrom zu erzeugen. Schließlich ist sie einer der größten Stromverbraucher der Republik. Mit den Plänen für den Bahnhof Nürtingen wird nun ein großer Schritt gegangen: Wohl fast erstmals überhaupt wird ein Bahnsteigdach mit Photovoltaik-Modulen (PV) bestückt. Ganz trivial ist dies nicht, da Abstände zur Oberleitung einzuhalten sind und das Eisenbahnbundesamt, das nicht gerade als innovative Behörde bekannt ist, zustimmen muss. Daher kommen leider nicht alle drei Dächer für PV in Frage. Konkret sehen die Pläne wie folgt aus: Es werden beide Dächer (am Hausbahnsteig 1 und am Mittelbahnsteig 2/3) erneuert und dabei deutlich verlängert. Das Dach über dem Hausbahnsteig wird von 28 auf 108 Meter verlängert, der Mittelbahnsteig von 41 auf 140 Meter. Der Mittelbahnsteig wird die aufgeständerte PV-Anlage mit einer Leistung von ca. 90 kWp (in früheren Aussagen der DB war von 96 kWp die Rede) erhalten. Damit können etwa 100.000 Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugt werden. Dies entspricht dem durchschnittlichen Bedarf von 30 Familien. Ein Abschluss der Gesamtmaßnahme, die für den komplett neuen Bahnsteig ein Planfeststellungsbeschluss erfordert, ist bis Ende 2027/2028 vorgesehen.
Die größten Anlagen an Bahnhöfen sind in München Leuchtenbergring mit 207 kWp und in Bad Münster am Stein mit 130 kWp vorgesehen. In Baden-Württemberg soll – neben Nürtingen – in Bietigheim-Bissingen (99 kWp auf einem Flachdach neben dem Empfangsgebäude), Aulendorf (75 kWp vermutlich auf dem Empfangsgebäude und auf Bahnsteigdach), Tübingen (72 kWp auf dem Empfangsgebäude) und in Crailsheim (69 kWp auf Bahnsteigdächern, die zuvor erneuert und vergrößert werden sollen) Solarstrom erzeugt werden.
Das Deutsche Zentrum für Schienenverkehr (DZSF) hat eine Potentialstudie “Photovoltaik-Anwendungen an der Schieneninfrastruktur“ erstellt. Es handelt sich um eine systematische Untersuchung der für den Einsatz an oder in der Schieneninfrastruktur relevanten Photovoltaik (PV)-Systeme unter Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen an PV-Systeme in der Schieneninfrastruktur sowie an die elektrische Einspeisung in das Fahrleitungsnetz der Bahn und im Hinblick auf die Stromgestehungskosten. Berücksichtigt wurden Potentiale im oder am Gleisbett, auf baulichen Bahneinrichtungen, auf Freiflächen neben dem Schienenweg sowie an oder auf Lärmschutzwänden. Im Ergebnis schlägt das DZSF vor, vorranging insbesondere das Potenzial aus solchen Freifeldanlagen neben den Schienenwegen und PV-Anlagen auf baulichen Einrichtungen zu nutzen, die kurzfristig umsetzbar sind sowie ein hohes technisch-wirtschaftliches Potenzial mit geringen Stromgestehungskosten aufweisen. Es wurde jedoch auch weiterer Forschungsbedarf identifiziert, zum Beispiel zur großflächigeren Anwendung der Direkteinspeisung in Bezug auf Schutz, Leistungsregelung, Netzkurzschlussleistung und Stabilität.
Selbstverständlich werde ich das Thema weiter vorantreiben. Potentiale für Solarstrom auf Bahnflächen müssen entschlossener und konsequenter genutzt werden.