Koalition: Erfolgreich, aber am Ende

Was haben wir in der Koali­ti­on erreicht?

Wir haben Putins mas­si­ven Angriff auf unse­re Ener­gie­ver­sor­gung abge­wehrt, uns in Rekord­zeit unab­hän­gig von Putins Gas, Öl und Koh­le gemacht und die Strom­prei­se wie­der auf Vor­kri­sen­ni­veau gebracht. Die Infla­ti­on in Deutsch­land liegt heu­te unter dem Wert, der zum Zeit­punkt des Regie­rungs­wech­sels vor drei Jah­ren gemes­sen wur­de. Wir haben, wie kei­ne ande­re Regie­rung vor uns, mit einem Rekord­aus­bau die erneu­er­ba­ren Ener­gien ent­fes­selt und in allen Sek­to­ren, Wirt­schaft, Ver­kehr, Wär­me und Ener­gie, den Kli­ma­schutz vor­an­ge­bracht. In der Bahn­po­li­tik waren wir beson­ders erfolg­reich Pla­nungs- und Geneh­mi­gungs­be­schleu­ni­gung, deut­li­che Erhö­hung der Inves­ti­ti­ons­mit­tel (ehr­gei­zi­ges Sanie­rungs­pro­gramm ist ange­lau­fen) und Ver­ein­fa­chung der Finan­zie­rung (Bahn­hö­fe, Ser­vice­ein­rich­tun­gen) und ers­te Struk­tur­re­form bei der DB seit 30 Jah­ren mit Ver­rin­ge­rung von Schnitt­stel­len und Vor­stands­po­si­tio­nen. Erst­mals ist es mög­lich, das Kli­ma­ziel für 2030 zu errei­chen. Mit einer Reform des Bun­des­tags-Wahl­rechts sor­gen wir dafür, dass der nächs­te Bun­des­tag auf jeden Fall deut­lich klei­ner aus­fällt als der heu­ti­ge. Wir haben den Min­dest­lohn erhöht und hohe Ent­las­tun­gen für Kin­der und Fami­li­en durch­ge­setzt, das Staats­an­ge­hö­rig­keits­recht refor­miert und das Ein­wan­de­rungs­ge­setz moder­ni­siert. Wir haben Büro­kra­tie abge­baut und Pla­nungs­pro­zes­se beschleu­nigt. Wir unter­stüt­zen die Ukrai­ne gegen den völ­ker­rechts­wid­ri­gen Angriffs­krieg Russ­lands und wer­den dies auch in Zukunft tun: Huma­ni­tät, wirt­schaft­lich und mit Waf­fen. Wir haben mit dem Deutsch­land­ti­cket den Nah­ver­kehr ein­fach nutz­bar und bezahl­bar gemacht. Mit dem Selbst­be­stim­mungs­ge­setz been­den wir end­lich die recht­li­che Dis­kri­mi­nie­rung und Her­ab­wür­di­gung trans- und inter­ge­schlecht­li­cher sowie nicht-binä­rer Men­schen. Mit dem Akti­ons­pro­gramm Natür­li­cher Kli­ma­schutz haben wir den Schutz von Wäl­dern und Moo­ren vor­an­ge­bracht. Die über 40 Ein­zel­maß­nah­men der Wachs­tums­in­itia­ti­ve zur Stär­kung der Wirt­schaft in Deutsch­land waren mit­ten in der Umset­zung, als die Koali­ti­on geplatzt ist. Die Lis­te lässt sich noch sehr lan­ge fort­set­zen …

Mei­ne poli­ti­sche Kom­men­tie­rung des Schei­terns der Ampel­ko­ali­ti­on

“Die­se Koali­ti­on war von Anfang an nicht ein­fach. Doch sie bot eine Chan­ce, unter­schied­li­che Vor­stel­lun­gen zusam­men­zu­füh­ren. Mit dem Koali­ti­ons­ver­trag wur­den mehr als aus­rei­chend Gemein­sam­kei­ten for­mu­liert, um eine Legis­la­tur­pe­ri­ode zur Moder­ni­sie­rung unse­res Lan­des bei­tra­gen zu kön­nen. Dies hät­te aber eine kon­struk­ti­ve Grund­hal­tung aller Koali­ti­ons­part­ner vor­aus­ge­setzt. Lei­der muss­ten wir jedoch eine FDP erle­ben, die sich mit Kom­pro­mis­sen äußerst schwer­tat und ihren Arbeits­schwer­punkt mehr und mehr auf das Blo­ckie­ren gemein­sa­mer Vor­ha­ben ver­leg­te. Eine kon­struk­ti­ve Zusam­men­ar­beit wur­de dadurch immer schwe­rer. Der Bun­des­kanz­ler, der kaum Füh­rungs­stär­ke zeig­te, traf schließ­lich eine schwie­ri­ge, aber fol­ge­rich­ti­ge Ent­schei­dung, indem er die Ent­las­sung des Finanz­mi­nis­ters ver­an­lass­te. Nun ste­hen die demo­kra­ti­schen Par­tei­en in der Ver­ant­wor­tung, bis zur vor­aus­sicht­li­chen Neu­wahl zumin­dest die wich­tigs­ten Ent­schei­dun­gen gemein­sam zu ermög­li­chen. So soll­te der Bun­des­haus­halt für 2025 unbe­dingt noch in die­sem Jahr beschlos­sen wer­den, um Inves­ti­ti­ons­si­cher­hei­ten bie­ten zu kön­nen. Ohne die­se Ver­läss­lich­keit wür­de bei­spiels­wei­se die Bau­wirt­schaft einen mas­si­ven Scha­den erlei­den. Zudem braucht die Ukrai­ne unse­re wei­te­re Unter­stüt­zung und auf­grund der Unwäg­bar­kei­ten aus den USA eine umso grö­ße­re Ent­schlos­sen­heit sei­tens Euro­pa, um dem aggres­si­ven, impe­ria­lis­ti­schen Kriegs­kurs Russ­lands Ein­halt zu gebie­ten.“

Zur bes­se­ren Ein­schät­zung der Rol­le der FDP

Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­ter Wis­sing (bis­her FDP, seit dem Koali­ti­ons­bruch par­tei­los) hat­te eini­ge Tage vor der Ent­las­sung von Bun­des­fi­nanz­mi­nis­ter Lind­ner in einem Gast­bei­trag in der FAZ geschrie­ben: „Der Auf­trag, den die Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler uns erteilt haben, lau­tet nicht hun­dert Pro­zent der jeweils eige­nen Vor­stel­lung umzu­set­zen. Er lau­tet viel­mehr: Betei­ligt euch, bringt euch mit euren Wer­ten ein und seid ein kon­struk­ti­ver Teil der Regie­rung, die ins­ge­samt ein Man­dat erhal­ten hat.“ Das Han­dels­blatt schrieb dar­über am 08.11.2024: „Wis­sing muss­te sich für den Bei­trag intern Kri­tik anhö­ren. (..) In den Lan­des­ver­bän­den und auch in der Bun­des­tags­frak­ti­on dran­gen immer mehr auf einen kon­fron­ta­ti­ven Kurs in der Koali­ti­on.“ Das Han­dels­blatt ver­wies dar­auf, dass Wis­sing vor drei Jah­ren mit sei­nen Erfah­run­gen aus der Ampel-Koali­ti­on in Rhein­land-Pfalz auf die Bun­des­ebe­ne zurück­ge­kehrt war. „Das Bünd­nis regiert in Rhein­land-Pfalz ruhig“, so die Wirt­schafts­zei­tung und schrieb wei­ter: „Immer wie­der soll er intern einen kon­struk­ti­ve­ren Regie­rungs­stil ange­mahnt haben – ver­ge­bens. Mit sei­ner Posi­ti­on stand er in der Par­tei­füh­rung mehr und mehr allein.“