Die Anzahl meiner Fahrten mit dem DB-Fernverkehr sank in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 deutlich und nahm ab dem Jahr 2022 wieder zu, um in 2024 mit 148 Fahrten nahezu einen neuen Höchststand zu erreichen. Der Anteil pünktlicher Züge ist mit 61 Prozent gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen. Im Vergleich zu den meisten Jahren zuvor ist der Wert aber miserabel (2016, 2020 und 2021: 70–80 Prozent). Mein Maßstab für Pünktlichkeit ist dabei mit maximal 4:59 Minuten Verspätung um eine Minute strenger als der bei der Deutschen Bahn. Nach der DB-Statistik werden im Jahr 2024 (bis einschließlich November 2024) 62,3 Prozent (2023 in der Ganzjahresbetrachtung: 64 Prozent) der Fernzüge pünktlich (oder unter sechs Minuten verspätet) gewesen sein. Damit ist der Wert bei der DB Fernverkehr gegenüber dem Vorjahr (64 Prozent im Jahr 2023) weiter gesunken. Allerdings ist festzustellen, dass sich die Pünktlichkeitswerte im Oktober und vor allem im November gegenüber dem Vorjahresmonat verbessert haben. Siehe https://www.deutschebahn.com/de/konzern/konzernprofil/zahlen_fakten/puenktlichkeitswerte-6878476 Die durchschnittliche Verspätung der unpünktlichen Züge lag bei meinen Fahrten bei einem verbesserten Wert von 23 Minuten (Vorjahr: 27 Minuten; zuvor zwischen 16 und 33 Minuten). Es konnten 86 Prozent der Anschlusszüge erreicht werden – eine Verschlechterung gegenüber den Vorjahren. Allerdings versuche ich stets, möglichst durchgehende Verbindungen zu wählen. Daher floss nur eine relativ geringe Anzahl von Umsteigeverbindungen in meine Statistik ein. Der immer noch hohe Anteil erreichter Anschlüsse lag auch daran, dass die Anschlusszüge ähnlich häufig verspätet waren wie die ersten Züge.
Die Fragen der Pünktlichkeit und noch mehr die der Anschlüsse dürften aus Fahrgastsicht die mit großem Abstand gravierendsten Probleme der Bahn sein und beeinträchtigen nach wie vor und leider deutlich zunehmend das Image der Bahn. Allerdings sind Angaben zur „fahrgastbezogenen Pünktlichkeit“ (Reisendenpünktlichkeit) aussagekräftiger als die bloße Relation zwischen pünktlichen und unpünktlichen Zügen. Schließlich ist nicht jeder Zug gleich ausgelastet und auch verpasste Anschlüsse wirken sich unterschiedlich aus – je nachdem, wann der nächste Zug kommt. Mit der fahrgastbezogenen Pünktlichkeit wird betrachtet, wie viele Fahrgäste pünktlich oder unpünktlich ihr Ziel mit der Bahn erreichen. Meinem Druck ist es zu verdanken, dass die DB seit einiger Zeit auch die fahrgastbezogenen Pünktlichkeitswerte veröffentlicht. Die Statistik belegt, dass die Werte der Reisendenpünktlichkeit einige Prozentpunkte besser ist als die der Züge.
Eine grundsätzliche Stärke der Bahn liegt im Potential für Service. In keinem anderen Verkehrsmittel kann während der Fahrt die Zeit so vielfältig beispielsweise fürs Arbeiten, Essen oder Entertainment genutzt werden wie im Zug. Dies ist ein Hauptgrund dafür, dass ich so gerne mit der Bahn fahre: Ich kann die Reisezeit sinnvoll nutzen.
In der Realität spielt die Bahn ihre Stärken leider allzu oft nicht oder nur eingeschränkt aus. Ein Beispiel dafür ist die Gastronomie, die leider bei rund jeder fünften Fahrt nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stand. Als Gründe für die häufigen Einschränkungen der Ausfälle der Gastronomie werden Störungen bei der Kühlung, wodurch Großteile der Lebensmittel nicht mehr verkauft werden dürfen, ausverkaufte Angebote, fehlendes Frischwasser oder fehlendes Personal genannt. Was auch immer die Gründe sind: Wer stundenlang im Zug unterwegs ist, muss sich auf die Versorgung mit Speisen und Getränken verlassen können.
WLAN in den ICE-Zügen habe ich über Jahre hinweg als so unzuverlässig erlebt, dass ich dies seit einigen Jahren überhaupt nicht mehr nutze und aktuell daher nicht beurteilen kann. Über den Hotspot meines Smartphones kann ich hingegen sehr zuverlässig am Laptop online arbeiten. Leider stellte ich in den letzten Wochen fest, dass auch diese Option unzuverlässiger wurde.
Ärgerlich bleibt, dass das Reservierungssystem nur bei 81 Prozent der Fahrten funktionierte. Dies kann zur Folge haben, dass sich Reisende ohne Reservierung immer wieder umsetzen müssen, da sie nicht wissen, dass sie auf reservierten Plätzen Platz genommen haben.
Mein Fazit/O‑Ton (persönlich): „Als Intensivnutzer der Bahn auch im Fernverkehr bekomme ich tiefe Einblicke in die Angebote, die Möglichkeiten und leider auch in die Probleme rund ums Bahnfahren. Ich fahre gerne mit der Bahn, da ich die Zeit meist sinnvoll mit Arbeiten nutzen kann. Auch die Möglichkeit, sich aus der Bordküche verpflegen zu lassen, nutze ich nebenbei gerne. Doch wenn die Gedanken häufig um die Frage kreisen, ob man einigermaßen pünktlich zum nächsten Termin kommt, dann zeigt dies eben auch, dass vieles im Argen liegt. Die Bahn muss besser werden bei der Pünktlichkeit und beim Service. Dann hat sie die besten Chancen, erheblich mehr Fahrgäste zu gewinnen und mit ihrer hohen Effizienz bei Energie- und Flächenverbrauch einen Beitrag zu leisten zu Umwelt- und Klimazielen.“
Politische Handlungsbedarfe – Was die „Ampel“ bisher gemacht hat – Was zu tun ist
Die Koalitionsparteien haben bereits wichtige Entscheidungen getroffen:
Mit der Erhöhung und Ausweitung der Lkw-Maut fließen erstmals seit vielen Jahren wieder Einnahmen aus dieser Quelle in die Schiene. 40 Prozent der Gesamteinnahmen (bisher null Prozent) werden der Schiene zur Verfügung gestellt.
Mit dem Genehmigungsbeschleunigungsgesetz wurden alle Schienenprojekte zum „überragenden öffentlichen Interesse“ erklärt. Zudem wurden zusätzliche Ausbauprojekte in den Bedarfsplan des Bundes aufgenommen.
Zum Januar 2024 startete mit „InfraGo“ eine veränderte Organisation der Infrastruktur innerhalb der Deutschen Bahn. Mit der ersten Strukturreform bei der DB seit 30 Jahren (!) wurden die beiden Unternehmen „Netz“ und „Station & Service“ zusammengelegt, am Gemeinwohl ausgerichtet und anhand von neuen Zielen (Infrastrukturzustand, Kapazität, Verlagerung von Verkehren auf die Schiene) gesteuert. Dieser Schritt ist aus unserer Sicht richtig, muss im kommenden Jahr aber durch einen zweiten Reformschritt ergänzt werden. So sollen weitere Infrastrukturunternehmen in InfraGO aufgehen. Damit werden die Schnittstellen weiter verringert und die Infrastruktur als Ganzes gedacht, geplant und saniert bzw. ausgebaut. Die Anzahl der Vorstandspositionen konnte verringert werden. Unser Ziel ist, die Infrastruktur unabhängiger vom Gesamtkonzern aufzustellen und besser zu kontrollieren und zu steuern.
Mit den Korridorsanierungen werden die höchst belasteten Strecken bis zum Jahr 2030 nach und nach in einen guten Zustand versetzt. Zudem werden kapazitätserhöhende Maßnahmen wie die Verkürzung von Blockabständen umgesetzt. Mit der Sanierung der Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt wurde eine erste Etappe der Grundsanierung des deutschen Schienennetzes abgeschlossen.
Mit der Überarbeitung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes wurde die Finanzierung vereinfacht. So geht es beispielsweise darum, die Sanierung von Bahnhöfen schneller umzusetzen und mit kleinen und mittleren Maßnahmen (Weichen, Signale, Überholgleise) die Resilienz des Netzes zu verbessern. Ermöglicht wurde auch die Finanzierung von Serviceeinrichtungen und die fahrzeugseitige Ausstattung mit ETCS.
Wichtig und in der neuen Legislaturperiode anzugehen sind die Reform des Trassenpreissystems mit dem Ziel, diese in ihrer Höhe zu begrenzen und die Einrichtung eines Finanzierungsfonds, um eine verlässliche, überjährige Finanzierung der Schiene gewährleisten zu können.
Ich verweise auf die neue grüne Bahnstrategie: https://www.matthias-gastel.de/die-neue-gruene-bahnstrategie/