Verkehrswende beginnt vor Ort – Die Gesellschaft ist bereit dafür!

Hinweis: Dieser Beitrag ist schon älter und wurde möglicherweise noch nicht in das neue Format umgewandelt.

UBA Cover04.04.2015
Alle zwei Jah­re erhebt das Umwelt­bun­des­amt (UBA) in einer reprä­sen­ta­ti­ven Stu­die die Sicht der Men­schen in Deutsch­land auf umwelt­po­li­ti­sche Aspek­te. Die Stu­die 2014 wur­de vor weni­gen Tagen vor­ge­legt – mit eini­gen Über­ra­schun­gen.

 

 

Eine die­ser Über­ra­schun­gen – schlecht für die Umwelt, aber eine Pro­fi­lie­rungs­chan­ce für die Grü­nen – ist die Bewer­tung des umwelt- und kli­ma­po­li­ti­schen Enga­ge­ments ver­schie­de­ner Akteu­re. Wäh­rend die Umwelt­ver­bän­de gut und die Kom­mu­nen immer­hin noch rela­tiv gut abschnei­den, stürzt die Bun­des­re­gie­rung regel­recht ab. Waren 2012 noch 46 der Befrag­ten der Mei­nung, dass die (dama­li­ge) Bun­des­re­gie­rung einen aus­rei­chen­den Ein­satz leis­te, so glau­ben dies bei der der­zei­ti­gen gro­ßen Koali­ti­on nur noch 34 Pro­zent. Außer­dem bezwei­feln die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger zuneh­mend, dass das her­kömm­li­che Modell des Wirt­schafts­wachs­tums zukunfts­taug­lich ist. Auch wenn der Umwelt­schutz in den letz­ten Jah­ren gegen­über ande­ren The­men, allen vor­an der sozia­len Siche­rung, deut­lich an Bedeu­tung ver­lo­ren hat (von 35 im Jahr 2012 auf nun­mehr 19 Pro­zent), so machen sich doch vie­le Men­schen so ihre Gedan­ken zur Umwelt­ver­träg­lich­keit ihres Lebens­stils.

Im Nach­fol­gen­den wer­te ich die Stu­die im Hin­blick auf Mobi­li­täts­the­men aus.

 

Bedeutung der Automobilität

Die gro­ße Mehr­heit (82 Pro­zent) betrach­tet eine Abkehr der Städ­te und Gemein­den vom Auto­ver­kehr und die Hin­wen­dung zum öffent­li­chen Nah- und Fahr­rad­ver­kehr sowie zu kur­zen Fuß­we­gen als einen posi­ti­ven Bei­trag zur Lebens­qua­li­tät. Bei den ganz jun­gen Men­schen zwi­schen 14 und 17 Jah­ren ist die­se Sicht­wei­se sogar noch wei­ter ver­brei­tet. Auch sehr vie­le (75 Pro­zent) kön­nen sich gemein­schaft­li­che Nut­zun­gen, bei­spiels­wei­se von Autos, vor­stel­len. In kaum einem ande­ren Bereich als dem Mobi­li­täts­ver­hal­ten zeigt sich gra­vie­ren­der der Wider­spruch zwi­schen Erkennt­nis und geleb­tem Ver­hal­ten. Das Auto bleibt das domi­nie­ren­de Fort­be­we­gungs­mit­tel. 56 Pro­zent der Men­schen sind auf ihren All­tags­we­gen aus­schließ­lich oder fast aus­schließ­lich damit unter­wegs. Bei­spiel Car-Sha­ring: Nur vier Pro­zent der befrag­ten Per­so­nen nut­zen es. Da ist übri­gens der Fahr­rad­ver­leih mög­li­cher­wei­se wei­ter. 14 Pro­zent gaben an, sich schon mal ein Fahr­rad aus­ge­lie­hen zu haben und dies auch künf­tig machen zu wol­len (was aber nichts über die Inten­si­tät des Bikes-Sha­rings aus­sagt). Öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel wer­den von jün­ge­ren Men­schen und Men­schen mit gerin­gem Ein­kom­men über­durch­schnitt­lich häu­fig genutzt. Zu den Inten­siv-Nut­zern gehö­ren Men­schen mitt­le­ren Alters zwi­schen 30 und 49 Jah­re. Ein Fazit für mich aus die­sen Erkennt­nis­sen: Die Ver­kehrs­wen­de beginnt vor Ort, in den Kom­mu­nen. Dies ist nichts Neu­es, das sagen auch Ver­kehrs­wis­sen­schaft­ler immer wie­der. Die­se The­se fin­det in den neu­en Daten des UBA aber neue Nah­rung. Was es braucht, sind vor Ort muti­ge Ent­schei­dungs­trä­ger, die gemein­sam mit den Bür­ge­rin­nen und Bür­ger ent­spre­chen­de Kon­zep­te ent­wi­ckeln und umset­zen. Es braucht dafür den Bund, der den Kom­mu­nen Gestal­tungs­spiel­räu­me zubil­ligt – so bei der Aus­wei­sung von Tem­po 30 auf Bun­des­stra­ßen inner­halb von Ort­schaf­ten oder bei der Ein­rich­tung von bevor­rech­tig­tem Par­ken für Car-Sha­ring-Autos. Wei­te­re Bei­spie­le: Fuß­gän­ger­freund­li­che Ampel­schal­tun­gen an Bun­des­stra­ßen, Ermög­li­chung einer City-Maut, LKW-Ver­bo­te, Ver­en­gung von Stra­ßen usw.

Lärm bleibt ein großes Thema

Mehr als drei Vier­tel aller Befrag­ten (77 Pro­zent) füh­len sich mehr oder weni­ger durch Lärm beein­träch­tigt. Jede/r Zehn­te fühlt sich stark beläs­tigt. Ganz vor­ne liegt der Stra­ßen­ver­kehrs­lärm, der von kon­stant 54 Pro­zent als stö­rend betrach­tet wird. Es fol­gen Nach­bar­schafts- und Gewer­be­lärm. Vom Flug­ver­kehr fühlt sich nach wie vor etwas mehr als jedeR Fünf­te beein­träch­tigt. Beim Schie­nen­ver­kehrs­lärm gibt es eine inter­es­san­te Ent­wick­lung. Gaben vor zwei Jah­ren noch 34 Pro­zent der Befrag­ten an, dadurch beläs­tigt zu sein, waren es jetzt noch 17 Pro­zent. Ob dies mit einer tat­säch­li­chen Lärm­ver­rin­ge­rung (was schwer vor­stell­bar ist) oder mit der ver­än­der­ten Unter­su­chungs­me­tho­dik (Umstel­lung auf von per­sön­li­chen Inter­views auf Online­be­fra­gun­gen, erst­ma­li­ge Befra­gung von Jugend­li­chen, ver­än­der­te Fra­ge­for­mu­lie­rung) zu erklä­ren ist, lässt sich lei­der nicht zwei­fels­frei fest­ma­chen. Wie auch immer: Die Bekämp­fung des Ver­kehrs­lärms bleibt eine gro­ße Her­aus­for­de­rung auch für die Poli­tik.

Hier geht’s zur Bevöl­ke­rungs­um­fra­ge des Umwelt­bun­des­am­tes: http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/umweltbewusstsein_in_deutschland.pdf