10.06.2015 (Redebeitrag im Verkehrsausschuss zum gemeinsamen Antrag von Grünen und Linken)
Die grüne Bundestagsfraktion hat sich darauf verständigt, das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 kritisch zu begleiten. Dies war das Versprechen der Grünen nach der Volksabstimmung, deren Ausgang wir akzeptieren. Der gemeinsame Antrag mit den Linken folgt diesem Versprechen und verdeutlicht, an welchen Stellen bei S 21 nach wie vor große, ungelöste Probleme bestehen. Er befasst sich insbesondere mit den Bereichen Kosten, Leistungsfähigkeit, Flughafenanbindung und Brandschutz. Am 6. Mai fand wurde der Antrag bei einer öffentlichen Expertenanhörung im Verkehrsausschuss diskutiert.
Grüne Bewertung
Das milliardenschwere Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 genügt den essentiellen Anforderungen an einen zukunftsfähigen Bahnbetrieb nicht und bleibt verkehrlich eine Fehlentscheidung. Der künftige Hauptbahnhof wird nicht die Leistung bringen, die benötigt wird, um die angestrebten und verkehrlich sowie umweltpolitisch dringend notwendigen höheren Verkehrsanteile der Schiene stemmen zu können. S 21 ist ein rein (macht-)politisch motiviertes Projekt, mit dem keinerlei verkehrspolitische Ziele erreicht werden. Ich erinnere an den Satz von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der gesagt hat: “Es ist nicht verboten schlechte Bahnhöfe zu bauen.” Diese Aussage macht deutlich, dass Stuttgart 21 durch die Volksabstimmung in besonderer Weise demokratisch legitimiert wurde. Sie macht aber ebenso deutlich, dass das Bahnhofsprojekt dadurch nach grünem Verständnis in der Sache keineswegs besser geworden ist.
Die Anhörung im Verkehrsausschuss machte einmal mehr deutlich, dass Transparenz und Offenheit bei der DB sowie der Union nach wie vor Mangelware sind: Die Sachverständigen der Koalition reichten im Gegensatz zu denen der Opposition keine schriftlichen Stellungnahmen ein und die Union verhinderte eine Aufzeichnung der Anhörung, obwohl nicht alle interessierten Bürger Platz im Saal fanden. Das ist umso bedauerlicher, als das Kostenrisiko zunächst vor allem bei der Deutschen Bahn liegt, die als Vorhabensträgerin tätig ist. Der Kostenanteil des Landes (931 Millionen Euro) wurde ja vor der Volksabstimmung gedeckelt und dieser Deckel wurde mehrfach von Grün-Rot im Land bestätigt. Da die DB ein Bundesunternehmen ist, stehen Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen also in einer besonderen Verantwortung dafür, offene Fragen zu Preis und Leistung des Bahnhofs und Risiken für den Konzern zu klären und für Transparenz zu sorgen.
Inhaltlich machte die Anhörung im Verkehrsausschuss insbesondere die großen Kapazitätsprobleme, die durch S21 auf den Zuleitungen zum Tiefbahnhof noch schwerwiegender werden, deutlich (vor allem bei Zuffenhausen). Zudem wurde klar, dass bei der Frage der Gleisneigung an Bahnhöfen ein grundsätzlicher Regelungsbedarf besteht. Die Gleisneigung soll am Stuttgarter Tiefbahnhof ein Mehrfaches über dem empfohlenen Maximum liegen. Offenbar wird es nur deshalb hingenommen, weil im geplanten Tiefbahnhof keine Züge enden und keine Züge gebildet werden sollen. Die starke Gleisneigung stellt also eine erhebliche Einschränkung der betrieblichen Flexibilität dar. Das, was normale Bahnhöfe ausmacht, wird im für viel Geld neu geplanten Hauptbahnhof der Landeshauptstadt nicht möglich sein.
Zur Flughafenanbindung durch die Gäubahn
Nach großem Einsatz von Landesverkehrsminister Hermann, unterstützt durch Thomas Bopp (CDU) von der Region, erzielten Land, Bahn und Region Stuttgart am 20. April eine Einigung zur Anbindung des Stuttgarter Flughafens („drittes Gleis“). Dieser Kompromiss ist verkehrlich zwar nicht das Optimum (besser wäre kein Flughafenanschluss der Gäubahn, siehe Antrag), aber der Kompromiss findet unsere Unterstützung, da er das Maximum darstellt, was mit den Projektpartnern und auf Grundlage des Finanzierungsvertrages zu erreichen war.