Langjährige Auseinandersetzungen um den Ausbau der Rheintalbahn, der Streit um den Lärm des Flughafens Zürich, Projekte des Bundesverkehrswegeplans und Diskussionen um den Zustand von Bahnhöfen – auch Südbaden ist reich an vielfach emotional geführten Verkehrsthemen.
Der Streit um den Ausbau der Rheintalbahn ist vorläufig weitgehend beigelegt, da sowohl der Landtag als auch der Bundestag den Empfehlungen des Projektbeirates gefolgt ist. Das Bundesverkehrsministerium hat daher konsequenterweise das 3. und 4. Gleis auf dieser Grundlage für den „Vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) vorgeschlagen. Einige Teilaspekte bleiben strittig. Dazu zählt die Frage, auf welche Maximalgeschwindigkeit der südliche Streckenabschnitt gebaut werden soll. „Tempo 250“ sagt die Bundesregierung und verweist auf eine angebliche Verknüpfung mit EU-Fördermitteln. Eine solche Vorgabe aus Brüssel existiert jedoch nicht. Meine Meinung: Es geht nicht darum, die letzte Minute herauszuholen, sondern einen integralen Taktfahrplan zu ermöglichen. Dies bedeutet: Die Fahrtzeiten zwischen definierten Knotenbahnhöfen müssen so bemessen sein, dass sich dort optimale Umsteigemöglichkeiten ergeben. Daran müssen künftig Investitionen in die Schienenwege ausgerichtet werden.
Vom Land für den BVWP angemeldet, vom Bund aber (noch) weder für den Vordringlichen noch den Weiteren Bedarf vorgesehen ist die Ausbaustrecke Kehl-Appenweier. Dabei geht es um die Beschleunigung des Bahnverkehrs nach Straßburg und Paris. Dieses Vorhaben stand bereits 2003 im Bundesverkehrswegeplan. Geschehen ist nichts. Nun hat die Bundesregierung den Entwurf für die nächste BVWP-Generation vorgelegt. Jedoch sind – trotz einem Jahr Verzögerung – noch nicht alle Schienenprojekte bewertet worden. Darunter fällt auch dieses.
Ebenfalls vom Land angemeldet, aber vom Bund überhaupt nicht für den BVWP vorgesehen, ist der Wiederaufbau von zwei Bahnbrücken hinüber nach Frankreich. Die eine soll von Breisach über Neuf-Brisach nach Colmar führen, die andere von Rastatt nach Roeschwoog. Beide waren einst Bahnbrücken, die gegen Kriegsende von der Wehrmacht zerstört und später als Straßenbrücken wieder aufgebaut wurden. Neue Bahnbrücken könnten die Umsetzung spannender Nahverkehrskonzepte ermöglichen. Könnten. Denn eine Finanzierung ist nicht absehbar. Der Bund möchte keine der beiden in den BVWP aufnehmen.
Auch nicht im BVWP-Entwurf enthalten ist die Elektrifizierung der hinteren Höllentalbahn. Zwischen Neustadt und Donaueschingen werden die Züge vermutlich noch sehr lange von Dieselloks gezogen werden müssen.
Freuen werden sich hingegen viele, wenngleich längst nicht alle, über die vorgesehene Einstufung des Stadttunnels Freiburg in den Vordringlichen Bedarf (VB). Dieses Straßenprojekt, das für Freiburg neue Chancen für die Stadtentwicklung bietet, könnte damit bis 2030 in Angriff genommen werden. Das Land hatte dieses Vorhaben mit hoher Dringlichkeit angemeldet. Die Realisierung hängt nun von der Finanzierung des Bundes ab. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass voraussichtlich längst nicht alles, was letztlich im VB stehen wird, bis zum Zieljahr 2030 finanziert werden kann.
Zustand der Bahnhöfe im Raum Freiburg/Südbaden
Die Bahnhöfe sind für die Fahrgäste die Zugangspunkte zum System Eisenbahn. Viele Verkehrsstationen stellen darüber hinaus wichtige Verknüpfungspunkte mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln dar. Nur durch vollständige Barrierefreiheit sowie einen guten technischen Zustand, können die Stationen diesen Funktionen jedoch umfänglich gerecht werden. Hiervon sind zahlreiche Bahnhöfe im Raum Freiburg aber weit entfernt. So weisen einige Verkehrsstationen nicht die nötige Barrierefreiheit auf und verwehren so mobilitätseingeschränkten Reisenden die Nutzung. Andere Bahnhöfe sind aufgrund baulicher Mängel oder erheblicher Verschmutzungen wenig einladend. Aus diesen Gründen habe ich die Zustände der Stationen abgefragt und ausgewertet.
Ergebnisse, kurz zusammen gefasst: Die Barrierefreiheit und der Wetterschutz sind besonders ein Problem auf der Rheintalbahn und der Höllentalbahn. So befinden sich alle Stationen im Raum Freiburg, die weniger als 40% der möglichen Punkte erreichen, auf diesen beiden Bahnstrecken. Trauriges Schlusslicht ist hierbei die Station Müllheim. Der Umsteigepunkt in Richtung Mulhouse erreicht nicht einmal ein Viertel der erreichbaren Punkte. Auch fünf weitere Stationen im Freiburger Umfeld erreichen gerade einmal ein Drittel der möglichen Punkte – darunter auch die stärker frequentierten Bahnhöfe in Lahr und Neustadt. Insgesamt ist es um Barrierefreiheit und Wetterschutz im Raum Freiburg nicht gut bestellt, denn gerade einmal ein Drittel der Stationen erreicht dort mehr als 60% der erzielbaren Punkte in dieser Kategorie. Gegenüber dem ersten Bewertungsjahr 2008 gab es an lediglich vier dieser 47 Problemstationen eine nennenswerte Verbesserung.
Während merkliche Verbesserungen meist auf wenige Stationen begrenzt sind, lassen sich im an zahlreichen Stationen deutliche Verschlechterungen ausmachen. Als besonders negativ anzusehen ist die Konzentration der Mängel auf einzelne Bereiche – so zum Beispiel die mangelnde Barrierefreiheit sowie unzureichende Ausrüstung mit Wetterschutzeinrichtungen auf der Rhein- und Höllentalbahn oder die Zustandsverschlechterungen auf der Elztalbahn. Für die dortigen Bürgerinnen und Bürger leidet die Attraktivität der Eisenbahn erheblich unter dem Zustand der Stationen.
Die Stationen müssen wieder zu attraktiven Visitenkarten des Bahn-Systems werden. Dazu müssen sie sich in einem technisch und optisch einwandfreien Zustand befinden und allen Reisenden den selbstständigen Zugang zum Zug ermöglichen. Denn nur mit qualitativen hochwertigen Stationen lassen sich zusätzliche Fahrgäste für die Schiene gewinnen.