14.06.2016
In Hamburg: Fernbusbahnhof, Radverkehr und Greenpeace
Auf Einladung meines Hamburger Fraktionskollegen Manuel Sarrazin habe ich einen verkehrspolitischen Tag in der Hansestadt verbracht. Dabei ging es vor allem um das Thema, bei dem die Grünen im rot-grünen Koalitionsvertrag besonders deutliche Akzente setzen konnten: Die Radverkehrspolitik.
Zunächst aber stand der Besuch des Zentralen Omnibusbahnhofs auf dem Programm. Einen Steinwurf vom Hauptbahnhof entfernt wurde dieser im Jahr 2003 komplett neu gebaut. Von einem liberalisierten Fernbusmarkt war damals noch nicht die Rede. Heute aber belegen vor allem die grünen Fernbusse des Marktführers Flixbus und die der gelben Konkurrenz von Postbus sowie die anderer Anbieter die Stellpositionen. Ein Großteil des Busbahnhofs ist überdacht. Die Busse stellen sich in Parktaschen, so dass sie sicher abseits des fließenden Verkehrs be- und entladen werden können. Sechs Millionen Fahrgäste steigen am Hamburger ZOB inzwischen pro Jahr zu und aus. Bis zu 400 Busfahrten am Tag werden verzeichnet. Am häufigsten angefahren werden Berlin, Kiel, München sowie Städte in Polen und Skandinavien. Der Trend geht immer mehr hin zu Nachtfahrten. Die Fahrgäste haben einen gut geschützten Wartebereich im Dienstleistungsgebäude, in dem auch Fahrkarten und Verpflegung erworben werden können. Sanitäre Anlagen für die Kunden sind ebenso vorhanden wie eine Entsorgungsstelle für die Chemie-Klos in den Bussen. Dafür müssen die Busse aber auch ein Nutzungsentgelt zahlen, das – je nach Häufigkeit der Nutzung – bei 2,40 bis 6,30 Euro liegt. Inzwischen geht es eng zu, die Kapazitäten des ZOB werden aufgrund des Fernbus-Wachstums knapp. Die baulichen Anlagen sind barrierefrei ausgebaut. Was noch fehlt sind taktile Leitstreifen. Deren Nachrüstung ist aber geplant.
Die meisten der Fahrgäste (geschätzt 80–85 Prozent) reisen übrigens mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Dies verhindert aber leider nicht, was auch andernorts beobachtet wird: Dass sich einige der Fahrgäste mit dem Auto bringen oder abholen lassen, dazu verbotenerweise in den Busbahnhof einfahren und Betriebsabläufe stören.
Dann ging es nach Hamburg-Harburg zum von Manuel moderierten Fachgespräch zur Radverkehrspolitik mit Vertreter/innen der Kommunal- und Landespolitik sowie der Radverkehrskoordinatorin der Hansestadt Kirsten Pfaue. Die Grünen hatten in den Koalitionsverhandlungen einige wichtige Ziele und Maßnahmen durchsetzen können: Der Radverkehrsanteil soll binnen etwa zehn Jahren auf 25 Prozent deutlich erhöht werden. Dafür wurden ein Bündnis für Radverkehr und die Position der Fahrradkoordinatorin geschaffen. Bis 2020 soll das Veloroutennetz auf eine Länge von 280km ausgebaut werden, Radschnellwege errichtet, Aufstellflächen vor Ampeln angelegt und Fahrradstraßen ausgewiesen werden. Das schon heute gute Fahrradverleihsystem soll weiter ausgebaut werden.
Letzteres konnten wir bei der anschließenden Radtour um die Binnenalster und die Stadtmitte testen. Viele der Radwege, die in beide Richtungen befahren werden dürfen, sind zu eng und weisen immer wieder Hindernisse auf. Konflikte mit Fußgänger/innen lassen sich dabei kaum vermeiden. Zugleich gibt es aber auch hilfreiche Schutzstreifen und Fahrradampeln. Außerdem wurde die erste Fahrradstraße eingerichtet, die von den mitradelnden ADFC-Mitgliedern sehr positiv bewertet wurde. Wenn aber mehr für den Radverkehr getan werden soll, so wird dies auch in Hamburg vielfach nicht ohne eine Neuaufteilung von Verkehrsflächen gehen.
Am frühen Abend nutzte ich noch die Gelegenheit, in Hamburg zu sein, um mich mit Daniel Moser, dem Verkehrsexperten von Greenpeace zu treffen. Die Umweltorganisation, deren Mitglied ich einst im Alter von 15 oder 16 Jahren wurde, hatte vor 20 Jahren für Schlagzeilen gesorgt, als sie den 3‑Liter-Lupo präsentierte. Heute wäre der Volkswagenkonzern vermutlich froh, wenn er die Zeichen der Zeit damals verstanden und aufs richtige Pferd gesetzt hätte. Ich freue mich, dass sich Greenpeace wieder verstärkt um Verkehrsthemen kümmern möchte. Momentan ist deren Schwerpunkt die nachhaltige urbane Mobilität. Aber auch der Schiffsverkehr und der deutlich zunehmende Flugverkehr sollen zu Themen werden, denen sich Greenpeace (wieder) verstärkt widmen möchte. In grundlegenden Fragen wie beispielsweise der Bewertung des Bundesverkehrswegeplans, mit dem alle Bemühungen für den Klimaschutz ad absurdum geführt werden, und der Ablehnung einer steuerfinanzierten Kaufprämie für Elektro-Autos, waren wir uns schnell einig.