Im Nachhaltigkeits-Dialog mit dem Flughafen Stuttgart
Im Sommer dieses Jahres hat die Flughafen Stuttgart GmbH (FSG) ihren zweiten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Mit den Berichten wird deutlich, dass sich die FSG durchaus ernsthaft um verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit bemüht und dies transparent und ausführlich der Öffentlichkeit gegenüber kommuniziert. Einige Dinge fehlen mir aber im Bericht, sind nicht konkret genug oder der Ehrgeiz der Flughafenbetreiber ist zu wenig ausgeprägt. Daher hatte ich den Nachhaltigkeitsbericht in einem offenen Brief an die FSG kommentiert (siehe hier: https://www.matthias-gastel.de/umwelt-und-flughafen-offener-brief-an-die-geschaeftsleitung-des-flughafen-stuttgart/#.WDhvOU2QzIU).
Um mein Schreiben und die darin angesprochenen, aber auch weitere Punkte zu besprechen, habe ich mich mit dem FSG-Geschäftsführer Walter Schoefer und zwei MitarbeiterInnen aus den Bereichen Nachhaltigkeitskommunikation sowie der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zum Austausch getroffen.
Um den Bodenverkehr umweltfreundlicher zu gestalten, werden ältere Fahrzeugen durch effizientere ersetzt. Bis Ende 2017 sollen alle Fahrzeuge vollständig auf elektrischen Antrieb umgestellt worden sein. In dem Bereich leistet die FSG Pionierarbeit, denn die am Flughafen genutzten Busse gab es vor der Anschaffung noch gar nicht. Sie mussten erst entwickelt werden. Durch Schulungen der Fahrer und in den Werkstätten wurde die Akzeptanz der innovativen Technik bei den Mitarbeitern geschaffen.
Die Anfahrt zum Flughafen durch Reisende und Beschäftigte auf dem Flughafen-Areal erfolgt idealerweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die FSG investiert in die Verbesserung der ÖPNV-Anbindung, aber es kommen trotzdem noch (zu) viele Menschen mit dem Auto. Aus Sicht der FSG mangelt es im Zeitraum von Mitte September bis Ende Oktober aufgrund der Überschneidung von Hauptreisesaison und stark frequentierter Besuchermesse an Pkw-Stellplätzen. Die FSG hält 1.200 neue Stellplätze für erforderlich. Diese sollen auf sechs über den in Troglage befindlichen Gleisen der S‑Bahn von/nach Echterdingen entstehen. Bei der Stadt Leinfelden-Echterdingen findet diese Idee Unterstützung, denn man erhofft sich dort weniger Dauerparker in den Wohn- und Gewerbegebieten. Ich sehe die Pläne kritisch: Die bestehende S‑Bahn, nach und nach in den frühen Morgen- und den späten Abendstunden hinzugekommene und weitere geplante zusätzliche Fahrtangebote der S‑Bahn, ab Dezember 2016 neue Expressbusse aus der Region und in den 2020er-Jahren zusätzlich ein Stadtbahnanschluss sowie die Gäubahn am dritten Gleis neben der S‑Bahn und ein Fernbahnhof mit Anbindung nicht nur nach Stuttgart, sondern auch nach Reutlingen/Tübingen und Ulm/München – wenn das nicht Anlass sein sollte, die tatsächlich benötigte Anzahl an Autoparkplätzen zu überdenken, was dann? Wofür wird dann so viel Geld in die Schieneninfrastruktur gesteckt, wenn viele hundert zusätzlicher Stellplätze erforderlich werden sollen?
Um die Transporte von Kerosin per Lkw zu reduzieren, plant die FSG eine Kerosinpipeline. Ende 2017 wird das nächstgelegene Tanklager in Heilbronn geschlossen, so dass eine Pipeline bis zu 650 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen könnte. Leider gibt es noch Widerstand bei einigen Grundstückseigentümern besonders im Raum Unterensingen, welche von der Pipeline betroffen sein werden. Enteignungen sind für den Bau der Pipeline nicht möglich. Ich befürworte die Kerosinpipeline und hoffe, dass die FSG die Grundstückseigentümer von den Vorteilen überzeugen kann.
Zur Reduzierung von Lärm gibt es lärmabhängige Start- und Landeentgelte für Flugzeuge ab einem Startgewicht von 10 Tonnen. Durch die Zunahme von Flugbewegungen und den zugleich weiter anhaltenden Trend hin zu größeren Flugzeugen mit stärkeren Turbinen entstand im Jahr 2015 dennoch am Tag eine höhere Lärmbelastung der Anwohner als in den Vorjahren. Im Nachtzeitraum sank die Lärmbelastung erfreulicherweise.
Auch zum Thema „Müll“ hatte ich einige Nachfragen. Die gesamte Abfallmenge des Flughaftens ist mit ca. 5300 t pro Jahr sehr hoch. Es wird zwar fast alles der Wiederverwertung zugeführt, aber eine Strategie zur Müllvermeidung tut Not. Herr Schoefer hat darauf hingewiesen, dass es manchmal schwierig sei, mit den Pächtern beispielsweise der Gastronomie zusammen zu arbeiten. Die FSG hätte es gerne, dass der gesamte Müll von einem gemeinsamen Entsorgungsunternehmen dem Recycling oder der Entsorgung zugeführt wird, aber niemand sei dazu verpflichtet. Hinzu komme, dass auch Müll von Messegästen teilweise in den Mülleimern des Flughafens landet und auf dessen Entstehung kein Einfluss genommen werden könne.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Flugverkehr an sich das weitaus größere Umweltproblem darstellt als die direkt oder indirekt damit in Verbindung stehenden Bodendienstleistungen. Die Einflussmöglichkeiten eines Flughafenbetreibers darauf sind jedoch sehr gering. Die grüne Bundestagsfraktion erstellt gerade ein Positionspapier, in dem es um die notwendigen nationalen und internationalen Schritte für den Abbau von Umweltbelastungen durch den Flugverkehr gehen wird.