12.06.2017
Drei-Tages-Wanderung: Von Naturtheater, Wasserkraft und Obstbaumwiesen
Wie auch in den Vorjahren war ich auch in diesem Frühsommer wieder drei tage lang zu Fuß unterwegs, um die Gegend zu erkunden und Unternehmen, Institutionen, Verbände und anderes kennen zu lernen und mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Diesmal ging es von Filderstadt über Aichtal, Schlaitdorf, Neckartenzlingen, Bempflingen, Großbettlingen, Frickenhausen und Nürtingen.
Eines der beiden Naturtheater im Landkreis befindet sich in Aichtal-Grötzingen. Vieles hat sich dort in den letzten Monaten verändert: Die WC-Anlagen wurden saniert und die Holzbänke wurden gegen 805 komfortable Stühle ausgetauscht. Von dort aus können die Kinder in diesem Jahr Grimms Märchen vom Froschkönig folgen und die Erwachsenen dürfen nach dem Roman von Jules Verne in 80 Tagen um die Welt reisen. Vorstandsmitglieder des Vereins führten uns hinter die Kulissen und erläuterten uns, wie viel Arbeit hinter jedem aufgeführten Stück steckt.
Soltalux reinigt PV-Anlagen
Was tun, wenn die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach weniger Strom erzeugt, weil die Module durch Algen, Moos oder festsitzenden Staub veruneinigt sind? Einen um mindestens 5, häufig 15 und in besonderen Fällen 30 Prozent höheren Ertrag und eine längere Lebenszeit der Anlagen verspricht das in Schlaitdorf ansässige Familienunternehmen, das eigens dafür ein „speziell ausgeklügeltes Reinigungssystem“ entwickelt hat. Dabei wird zweistufig vorgegangen: Zunächst werden mit einem Spezialreinigungsmittel Verunreinigungen gelöst. Dann wird mit entmineralisiertem Wasser für eine Flecken- und Streifenfreie Reinigung gesorgt. Mit der Methode werden auch schwer zugängliche Flächen gereinigt. Kunden sind Betreiber von Großanlagen, häufig Landwirte mit großen Hallendach- oder Freilandanlagen. Tätig ist das Unternehmen überwiegend in Baden-Württemberg und Bayern, teilweise aber auch bundesweit. Es arbeiten drei Familienmitglieder und zwei weitere Mitarbeiter mit. Eine Stelle ist unbesetzt. Der Juniorchef Ruben Haug berichtete im Gespräch, es sei sehr schwer, Mitarbeiter zu gewinnen.
Kleinwasserkraftanlage Neckartenzlingen
Seit zwei Jahren produziert ein Kleinwasserkraftwerk an der Erms, kurz vor der Mündung in den Neckar, mit einer Kaplanturbine umweltfreundlich Strom für 100 Haushalte. Vorausgegangen waren jahrelange Auseinandersetzungen mit dem Naturschutz. Einige Grünen-Politiker, darunter der Landtagsabgeordnete Winfried Kretschmann, Gemeinderäte aus dem Ort und ich, haben sich für die Wasserkraftanlage eingesetzt. Am Ende haben Umwelt- und Naturschutz gewonnen: Denn durch einen Bypass für Fische und Kleinlebewesen wurde eine ökologische Durchgängigkeit geschaffen, die es zuvor wegen eines Wehres nicht gegeben hatte. Zugleich wird umwelt- und klimafreundlicher Strom erzeugt. Tilman Hellwig, der die Anlage errichtet hat, ist auch Betreiber einer vergleichbar leistungsfähigen Wasserkraftanlage zwei Kilometer flussaufwärts. An dieser kamen wir am Folgetag vorbei.
Wenige Meter neben dem Kleinkraftwerk befindet sich eine von der Gemeinde neu angelegte Flutmulde. Sie dient dem Hochwasser- und Naturschutz. Der Stadtbaumeister erläuterte beim Rundgang, dass sie immer unter Wasser stehe und für Fische ideale Laichbedingungen biete. Bei Hochwasser könne die Mulde über 2.000 Kubikmeter Wasser aufnehmen und das Risiko von Überflutungen im Altstadtbereich reduzieren.
Gemeinsam mit dem Hauptamtsleiter der Gemeinde mit ihren 3.400 Einwohner*innen haben wir uns am Bahnhof über dessen baulichen Zustand und die verkehrlichen Angebote unterhalten. Die beiden Außenbahnsteige, die jeweils eine Höhe von nur 36 Zentimetern aufweisen und damit niedriger sind als die Regionalzüge mit ihren Türhöhen von 55 Zentimetern, sollen im Jahr 2019 durch die Deutsche Bahn aufgehöht werden. Wenig komfortabel ist die Tatsache, dass nach Stuttgart immer in Wendlingen, Nürtingen oder Metzingen umgestiegen werden muss. Metzingen liegt noch dazu außerhalb des VVS-Verbundtarifs, was Umstiege dort besonders kompliziert und teuer machen. Künftig, so sehen es die Pläne vor, sollen Regionalzüge in Bempflingen halten, die nach Stuttgart durchfahren. Dies stellt eine Verbesserung dar; die Gemeinde hätte es jedoch gerne, dass jeder Zug hält und sich daraus ein Halbstundentakt nach Stuttgart ergibt.
1935 wurde die traditionsreiche Bäckerei gegründet, die Frank Maser in dritter Generation führt. 2002 stellte er wegen der Allergie seiner Tochter auf natürliche Zutaten um und vollzog im Jahr 2011 schließlich den Schritt zum Bioland-Vertragspartner. Alle Backwaren werden aus Bioland- bzw. Bio-Getreide und ‑Zutaten hergestellt. Das Mehl (ohne Ascorbinsäure) kommt von der Sessler Mühle aus Reutlingen/Oferdingen. Des Weiteren werden hauseigene, dreistufige Roggen‑, Weizen- und Dinkel-Sauerteige sowie eigene Vorteige verwendet. Der Teig hat lange Ruhezeiten von bis zu 24 Stunden, damit sich die Geschmacks- und Aromastoffe auf natürliche Weise entfalten können. Verkauft werden die Produkte überwiegend in der Bäckerei direkt neben der Backstube, in zwei Kantinen und auf dem Wochenmarkt in Metzingen.
Wir konnten uns mit belegten Brötchen und Kuchen von den Backkünsten überzeugen und ließen uns anschließend durch die Räume der Backstube führen.
Trost-Mühle in Bempflingen
Leider ist die Mühle seit dem Jahr 2013 nicht mehr in Betrieb, aber die gesamte Technik ist noch zu sehen. Und im Mühlenladen gibt es Mehl aus regionaler Erzeugung und andere Lebensmittel. Was von vorne nicht zu vermuten war: Das Mühlengebäude hat eine überzeugend idyllische Rückseite mit einem noch funktionstüchtigen Mühlrad und einem tosenden kleinen Wasserfall. Das Nebengebäude verfügt über zwei wunderschön hergerichtete Veranstaltungssäle. Für die Weiterentwicklung des weitläufigen Geländes werden gerade Ideen entwickelt.
Rammerthof Henzler Nürtingen
Der Obst- und Beerenbaubetrieb wird von einem Brüderpaar geführt und durch bis zu 300 Mitarbeitende, überwiegend Saisonkräfte, unterstützt. Alleine Erdbeeren werden auf 45 Hektar der 120 Hektar Gesaamtfläche in und um Nürtingen und auf der Schwäbischen Alb erzeugt. Daneben werden Kürbisse, Spargel und Kirschen angebaut. Neben einem Hofladen werden saisonal viele eigene mobile Verkaufsstände und Wochenmärkte beliefert. Zu ökologischen Aspekten verrät die Homepage des Familienunternehmens: „Wir setzen nur gezielt und nur bei absoluter Notwendigkeit Pflanzenschutz- und Düngemittel ein“. Im Gespräch versichert uns einer der beiden Chefs, dass nicht vorbeugend gespritzt wird – es aber wohl kein Jahr gibt, in dem auf das Spritzen gänzlich verzichtet werden kann. Und zur Bewässerung heißt es auf der Homepage: „Die unter der Erde verlegten Leitungen bringen durch die Öffnungen das Wasser direkt an die Wurzel. Durch diese Methode verdunstet (…) weniger Wasser“. Der Erdbeerbau erfolgt mit ein- und zweijährigen Pflanzen. Dadurch können die Anbauflächen mit denen anderer Landwirte getauscht und es kann „weitgehend auf den Einsatz von Pflanzenschutzmittel verzichtet werden“, da sich potentielle Krankheitserreger nicht so schnell auf eine Kultur einstellen können. Wir haben uns bei einem Rundgang vor allem die Verarbeitung des Spargels (Waschen, Abschneiden der unteren Enden, Schälen und Größensortierung) zeigen lassen.
Obstlehrpfad in Frickenhausen
Vor zwanzig Jahren wurde der 2,5 Kilometer lange Lehrpfad mit seinen 140 Lehrtafeln vom Obst- und Gartenbauverein fertiggestellt. Er zeigt vor allem alte Apfel- und Birnensorten aus dem Neuffener Tal. Wir haben uns von zwei sehr sachkundigen Vereinsvertretern den Lehrpfad entlang führen und die Besonderheiten erläutern lassen. Dabei ging es beispielsweise um die Unterschiede zwischen dem Erwerbsobstbaum mit den niedrigen Bäumen und den Streuobstbäumen und deren Pflege. Wir haben auch die Thematik besprochen, die sich aus der Lage im Landschaftsschutzgebiet und dem damit verbundenen Verbot, neue Hütten zu errichten, ergibt. Gerade junge Leute, so bekam ich es nicht nur hier und heute zu hören, wären eher zur Übernahme der Pflege der Obstbaumwiesen bereit, wenn sich ihre Nutzungsoptionen mit einer Hütte erweitern würden.
In diesem Jahr wird wegen des späten Frostes nur mit einer sehr spärlichen Ernte gerechnet. Den Rundgang über den dicht mit Obstbäumen bewachsenen Berghang – und einen Großteil der Wanderung an sich – haben wir mit einer Saft- und Mostverköstigung gemütlich ausklingen lassen.
Mit dem Fußweg nach Nürtingen endete die wunderschöne und erlebnisreiche Tour am Nürtinger Bahnhof.