Der Fahrradmarkt steht zunehmend unter Strom
Als der für die Radverkehrspolitik zuständige Abgeordnete der Grünen im Bundestag habe ich mir auch im Wahlkampf die Eurobike in Friedrichshafen nicht entgehen lassen.
1.400 und damit so viele Aussteller wie noch nie haben ihre Produktneuheiten und Ideen vorgestellt. Von Kinder- und Sportfahrrädern über Mountainbikes und neueste E‑Bike-Modelle bis hin zu Helmen und Sportkleidung gab es wieder alles zu sehen. Immer deutlicher wird, dass das Fahrrad im Trend liegt und auch ein immer wichtigerer Wirtschaftsfaktor wird. Im Jahr 2016 ist zwar die Gesamtzahl der in Deutschland verkauften Räder um sieben Prozent auf 4,05 Millionen Stück gesunken, bei den E‑Bikes hingegen war ein deutliches Plus um 13 Prozent auf 605.000 Stück zu verzeichnen. Der Trend: Kleiner, leichter, intelligenter. Und: Jedes 40. in Deutschland verkaufte E‑Bike ist inzwischen ein Lastenrad. Dies alles führt dazu, dass der Umsatz der Branche steigt.
Während meines gut vorbereiteten Rundgangs war ich vor allem bei vier Ausstellern, bei denen ich mich zuvor angemeldet hatte.
Die Radkutsche produziert in Mössingen (Landkreis Tübingen) E‑Lastenräder. Mit dem Geschäftsführer, den ich bereits von einem Unternehmensbesuch kannte, habe ich mich über die aktuellen Entwicklungen unterhalten. Die Absatz-Entwicklung ist demnach gut und wird durch die Kaufprämie des Landes (50 Prozent, maximal 2.000 Euro) nochmals angekurbelt. 60 Prozent der Kunden sind Gewerbetreibende wie Postdienstleister und Handwerksbetriebe. 40 Prozent der Lastenräder werden an Private verkauft, die damit ihre Kinder in die Kita fahren und Einkäufe erledigen. Die Preise sind leicht sinkend, was mit sinkenden Akkukosten und der zunehmenden seriellen Fertigung bzw. Standardisierung zusammen hängt. Beeindruckt hat mich die Informationen, dass qualitativ hochwertige Lastenräder bis zu 100.000 Kilometer fahren können. Neu für mich war auch die Info, dass in der Schweiz Lastenräder zunehmend für den kombinierten Verkehr mit der Bahn zum Einsatz kommen, damit also Güter zur Bahn gebracht bzw. von dort abgeholt werden (erste und letzte Meile).
Cycle Union stellt die vier Marken vsf fahrradmanufaktur, ebm e‑bike manufaktur, Kreidler und Rabeneick her. Ab 2018 werden sich auch Lastenräder im Programm des Unternehmens mit seinen 170 Beschäftigten befinden. Als besonders stark wird der Trend zum E‑Mountainbike beschrieben. Die E‑Bikes machen im Unternehmen inzwischen mehr als die Hälfte des Umsatzes und 30–35 Prozent der verkauften Räder aus. Auf meine Nachfrage, wie sich der Markt für die sog. „S‑Pedelecs“, also die E‑Bikes mit einer elektrischen Unterstützung bis 45 Stundenkilometer entwickeln, wurde mir gesagt, dass sich diese Nische nur langsam entwickelt. Dies habe vor allem zwei Gründe: Das Straßenverkehrsrecht verbietet die Nutzung von Rad- und Feldwegen. Und bei der Besteuerung von Diensträdern gibt es rechtliche Hürden. Hier wird deutlich, dass die Politik gefordert ist! Denn S‑Pedelecs können dazu beitragen, so manche Autofahrten zu vermeiden, da sie längere Wege ermöglichen.
Bei Bosch ging es mir gleich um zwei Themen. Ich wollte wissen, wohin die Entwicklung bei Akkus und Motoren für E‑Bikes geht. Mir wurden die Trends wie folgt beschrieben: Die Akkus werden zunehmend unauffällig im Rahmen „versenkt“. Eine große Entwicklung auf Grundlage der Lithium-Ionen-Technologie wird nicht mehr erwartet (bei gleichem Gewicht wird es zu keiner deutlichen Leistungsverdichtung mehr kommen). Dafür wird es von 500 künftig zunehmend zu 600 Watt und damit zu einer größeren Kapazität mit entsprechend verbesserter Reichweite gehen. Wie in den Vorjahren auch bekam ich keine verlässliche Antwort auf meine Frage, was mit den eingesammelten alten Akkus geschieht. Offenbar ist die Stückzahl noch so gering, dass es dafür noch kein geregeltes Recyclingverfahren gibt.
Zusammen mit dem Bremsenhersteller Magura (Bad Urach) hat Bosch ein ABS-System für Fahrräder entwickelt. Damit soll verhindert werden, dass das Vorderrad auf Splitt oder nassem Laub blockiert und die Fahrerin/der Fahrer stürzt. Die Technik wiegt etwa 500 Gramm.
Die Firma Velocate mit Sitz in Hochdorf (Landkreis Esslingen) hat einen Diebstahlschutz per GPS entwickelt. Genauer gesagt: Es kann per App nachvollzogen werden, wo sich ein gestohlenes Fahrrad befindet. Integriert ist das System in ein Serienrücklicht. In Nürtingen seien in dieser Woche auf diesem Wege zwei gestohlene Räder ihren Besitzern zurückgegeben worden.
Außerdem war ich an den Ständen von „Elfit“, dem Filderstädter Hersteller eines dreirädrigen E‑Bikes und von Velotraum, einem Hersteller individuell zugeschnittener Fahrräder mit Sitz in Weil der Stadt (Landkreis Böblingen). Beide Unternehmen habe ich schon vor Ort besucht.