Der Selbstbetrug muss ein Ende finden
Die Skandal-Chronik zu Stuttgart 21 wird fortgeschrieben: Stuttgart 21 wird noch teurer und noch später fertig.
Am Anfang stand der Selbst- und Fremdbetrug, indem die Kosten unrealistisch niedrig gerechnet wurden, um politische und gesellschaftliche Mehrheiten zu sichern. Dann wurden bessere und kostengünstigere Alternativen ignoriert. Bis heute wird nur das zugegeben, was sich nicht mehr leugnen lässt. Die DB wollte sich auch heute wieder nicht zu Presseberichten äußern, sondern verwies auf die Aufsichtsratssitzung im Dezember. Ich müsste mich sehr täuschen, wenn die Chronik im Jahr 2024 mit Kosten von 7,6 Milliarden geschlossen werden könnte.
Zur heutigen Meldung, wonach Stuttgart 21 nunmehr 7,6 Mrd. Euro kosten und erst Ende 2024 fertiggestellt werden soll, habe ich gegenüber der Presse erklärt:
„Jetzt müssen endlich alle Fakten und Risiken auf den Tisch! Offenbar hat die Deutsche Bahn den Bau nicht im Griff. Erst kürzlich musste die Bahn zwei Jahre Verzögerung bei der Fertigstellung von Stuttgart 21 einräumen. Dass nun weitere 12 Monate Verzögerung im Raum stehen, erhöht das Misstrauen gegenüber der Bauherrin. Gerade, weil die Projektpartner keine Mehrkosten tragen werden, ist es umso dringender, dass der Bund sich endlich zu seiner Verantwortung für den bundeseigenen Bahnkonzern und seiner Mitverantwortung für das Milliardendebakel Stuttgart 21 bekennt. Der Selbstbetrug muss endlich ein Ende finden! Ich erwarte, dass die Deutsche Bahn unverzüglich alle Projektpartner, aber auch die Bundesregierung als Eigentümer des DB-Konzerns und das gewählte Parlament umfassend über die neuen Zeit- und Kostenpläne informiert. Darauf erwarte ich eine klare und verantwortliche Reaktion der Bundesregierung mit Aussagen zur Finanzierung der Mehrkosten.“
Was aus meiner Sicht „Verantwortung des Bundes“ heißt: Es muss Schluss sein damit, Stuttgart 21 als „eigenwirtschaftliches Projekt“ zu bezeichnen. Das war es aufgrund massiver politischer Einflüsse und hoher Anteile öffentlicher Gelder nie und „wirtschaftlich“ ist das Projekt schon lange nicht mehr. Der Bund muss auch anerkennen, dass die Projektpartner sich nicht (freiwillig) an den bisherigen und zukünftigen Mehrkosten beteiligen. Da die Deutsche Bahn ein Unternehmen im hundertprozentigen Eigentum des Bundes ist und als Bauherrin des Milliardenprojektes auftritt, kann sich der Bund nicht aus der Verantwortung stehlen. Er muss mit seinem Bahnunternehmen klären, wie es mit Stuttgart 21 weiter geht. Dies heißt insbesondere, dass die Finanzierung zu klären ist. Was auf jeden Fall verhindert werden muss ist, dass Stuttgart 21 andere und insbesondere wichtige und verkehrlich sinnvolle Bahnprojekte kannibalisiert.