Bundesverkehrswegeplan: Straßen in Umsetzung, Schiene noch nicht mal bewertet
Der „Bundesverkehrswegeplan 2030“ wurde Anfang August 2016 von der Bundesregierung beschlossen. Doch noch immer ist nur ein kleiner Teil der Schienenprojekte bewertet.
Das hätte sich die Bundesregierung nicht getraut: Einen Bundesverkehrswegeplan zu beschließen, in dem nur ein Bruchteil der aufgeführten Straßenbauprojekte in die Kategorien „Vordringlicher Bedarf“ und „Weiterer Bedarf“ eingestuft wurden. Bei der Schiene hat sie aber genau dies gemacht. 46 Schienenprojekte wurden in der neu erfundenen Kategorie „Potentieller Bedarf“ geparkt – und der Großteil harrt dort noch immer seiner Bewertung. Eineinhalb Jahre nach Verabschiedung des Planungsinstruments wurden gerade einmal fünf Schienenprojekte abschließend bewertet. Dies antwortete die Bundesregierung auf eine Anfrage unserer Fraktion. Dabei handelt es sich um
- ABS Weimar – Gera – Gößnitz
- NBS Dresden – Prag
- ABS Nürnberg/Regensburg – Furth i. W. – Grenze D/CH
- ABS Grenze NL/D – Kaldenkirchen – Rheydt-Odenkirchen
- Programm zur Ertüchtigung des dt. Schienennetzes für 740 m lange Güterzüge
Nicht bewertet wurden bislang beispielsweise der Deutschland-Takt und der Ausbau der Knoten Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln, Mannheim und München sowie die Ausbaustrecke (ABS) Stuttgart – Backnang/Schwäbisch Gmünd – Aalen – Nürnberg (Murrbahn) und die ABS Köln – Aachen.
Auf die Frage, bis wann die anderen Vorhaben abschließend bewertet sein sollen, weicht die Bundesregierung aus und verweist auf die Koalitionsvertrag. Dort hatten Union und SPD festgehalten, dass die Bewertung bis zum 3. Quartal 2018 abgeschlossen sein soll. Gründe für die massiven Verzögerungen wollte die Bundesregierung uns nicht nennen. Auch auf die Frage, ob es eine Veröffentlichung der Aktualisierung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes[1] geben wird, wenn alle Projekte bewertet wurden, erhalten wir nur eine ausweichende Antwort: „Der Deutsche Bundestag wird nach Abschluss der Untersuchungen über die Ergebnisse unterrichtet“.
In meiner Plenarrede am 27. April 2018 habe ich dazu ausgeführt (dem Protokoll entnommen):
„Seit 1992 wurde das Straßennetz in Deutschland um 40 Prozent ausgebaut. Im gleichen Zeitraum wurde das Schienennetz um 20 Prozent geschrumpft. Wenn man in den Bundesverkehrswegeplan schaut, dann stellt man fest: Die Straßenbauorgie in Deutschland geht weiter. Eineinhalb Jahre nach Verabschiedung des Bundesverkehrswegeplans werden überall in Deutschland munter neue Straßen geplant. Von den 46 Schienenprojekten im Potenziellen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes sind bis heute, nach eineinhalb Jahren, gerade einmal fünf Schienenprojekte abschließend bewertet worden. Baden-Württemberg ist ein gutes Beispiel für die Totalverweigerung der Bundesregierung in Sachen Ausbau der Schienenwege. Von der Gäubahn abgesehen sind alle vom Land Baden-Württemberg beim Bund angemeldeten Schienenprojekte abgelehnt worden. Kein einziges weiteres Projekt ist in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen worden. Selbst solche Ausbauprojekte, die für Umleitungen bei Sperrung der Rheintalbahn nützlich wären und angemeldet wurden, wurden abgelehnt. Wenn in Deutschland in Sachen Ausbau der Schienenwege etwas vorangehen soll, dann geht es nur dann, wenn die Länder eigenes Geld in die Hand nehmen, um Bundesschienenwege auszubauen und zu ertüchtigen. Das nenne ich einen wirklichen Skandal.“
[1] Alle für wirtschaftlich befundenen und dadurch in den „Vordringlichen Bedarf“ aufsteigenden Schienenprojekte werden automatisch in das Bundesschienenwegeausbaugesetz aufgenommen. Einer erneuten Beschlussfassung durch den Bundestag bedarf es hierfür nicht.