Gespräch mit Stuttgarter Taxiverband
Das Taxigewerbe steht angesichts der Digitalisierung und damit ermöglichter neuer Mobilitätsdienstleistungen vor großen Veränderungen. Doch es zeigt sich wenig offen für mögliche Veränderungen. Für mich ein Grund, das Gespräch zu suchen.
Der Stuttgarter Taxiverband e. V. wurde 2009 gegründet. Als Regionalverband vertritt er die Taxi- und Mietwagenunternehmen in der Wirtschaftsregion Stuttgart. Er schließt Rahmenverträge mit verschiedenen Institutionen und Unternehmen und vertritt die gewerbepolitischen Interessen seiner Mitglieder gegenüber Behörden.
Schon bei der Vorbereitung auf das Gespräch fiel mir auf: Die Homepage des Verbandes ist schön gestaltet, aber mit sehr wenigen Inhalten gefüllt. Ein Teil der Antwort wurde mir schnell geliefert: Der Verband arbeitet rein ehrenamtlich. Das Verbandsengagement ist zwangsläufig mit Einkommensverlusten verbunden, da die Vorstandsmitglieder alle auf eigene Rechnung Taxi fahren.
Der Verband ist weder auf Landes- noch auf Bundesebene vernetzt. Die dort tätigen Taxiorganisationen sind auf der politischen Bühne so gut wie nicht wahrnehmbar. Dabei wäre eine solche Präsenz wichtig: Die Taxiunternehmen haben meist Mühe, den Mindestlohn zu bezahlen und mit Uber und anderen auf den Möglichkeiten der Digitalisierung operierenden Unternehmen eine für die bisherigen Strukturen gefährliche und stärker werdende Konkurrenz. Insofern wunderte es mich nicht, dass meine vier Gesprächspartner jede Änderung des Personenbeförderungsgesetzes ablehnen. So halten sie an der Konzessionslimitierung zum Schutz der bestehenden Taxiunternehmen fest, lehnen die Aufhebung der Rückkehrpflicht für Mietwagen ab („Die betreiben sonst noch mehr Rosinenpickerei, während wir eine Bedienpflicht zu erfüllen haben“) und halten auch am Ortskundenachweis fest, da kein Navi die Streckenkenntnisse ersetzen könne. Von mir auf die geringe Produktivität angesprochen, die daran zu erkennen ist, dass die Taxifahrer 70 bis 80 Prozent ihrer Arbeitszeit mit dem Warten auf Fahrgäste verbringen, gab es wenige Ideen. Eine davon war, in Zeiten schwacher Nachfrage statt schlecht ausgelasteter Busse besser Taxis fahren zu lassen. Stattdessen wurde zornig auf „on-demand“-Angebote wie SSB Flex geschaut, die als Konkurrenz betrachtet werden.
Mein Blick auf die Taxibranche: Das PBefG ist so eng gefasst, dass dynamisch-innovative Entwicklungen nahezu unmöglich sind und das Taxigewerbe längst nicht mehr zeitgemäß agiert. Die Branche ist in wenig leistungsfähige Kleinstunternehmen und mehrere, teilweise untereinander zerstrittene Verbände zersplittert. Die wirtschaftliche Lage der selbstständigen wie der angestellten Fahrer muss als überwiegend prekär bezeichnet werden. 70 Prozent ihrer Arbeitszeit verbringen die Fahrer mit dem Warten auf Fahrgäste. Die Fahrgäste müssen wiederum einen Tarif akzeptieren, mit dem der Mindestlohn auch während der Wartezeiten finanziert werden kann. Sie bezahlen also meist mehr fürs Warten der Fahrer als fürs Gefahrenwerden. Für die Fahrgäste ist das Taxifahren beispielsweise aufgrund sehr teurer Tarife, unterschiedlicher Taxirufnummern in unterschiedlichen Regionen und einer sehr schwachen Versorgung in ländlichen Räumen wenig attraktiv.
Noch dazu machen Fahrgäste immer wieder negative Erfahrungen: Fahrer telefonieren während der Fahrt mit dem Handy am Ohr und kennen selbst bekannte Ziele in ihrem „Revier“ nicht. Dies belegen meine eigenen Erfahrungen: Bei meinen letzten 31 Taxifahrten musste ich 9 x den Weg erklären oder das Navi wurde genutzt.
Ich bin sehr offen für Anpassungen des Personenbeförderungsgesetztes. Neue, positiv erprobte Formen von Mobilitätsdienstleistungen sollten in den Regelbetrieb übergehen können. Besonders wichtig ist mir, dass Lösungen für die ländlichen Bereiche gesucht werden.