22.01.2019
Besuch bei der Umwelthilfe am Bodensee
Wenn über die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und ihren Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch gesprochen oder geschrieben wird, dann meist im Zusammenhang mit den Dieselfahrverboten. Es scheint, es gebe nur Freund oder Feind. Alle haben eine klare Meinung. Dabei hat die DUH so viel mehr zu bieten.
Die Umwelthilfe wurde bereits im Jahr 1975 gegründet. Sie hat sich dem Umwelt- und Verbraucherschutz verschrieben. 114 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich um den Schutz der Meere und Flüsse und ihrer Bewohner. Ein Projektschwerpunkt gilt dem Schutz der Fischotter in deutschen und Binnengewässern anderer europäischer Länder. Weitere Themenfelder sind die Energieeffizienz im Gebäudebereich und der Einsatz für langlebige Elektroprodukte. So schaltet sich die DUH in Normungs- und Gesetzgebungsprozesse ein. Kommunen werden bei der Aufstellung und Optimierung ihrer Klimaschutzstrategien unterstützt, so auch die Stadt Böblingen als eine von fünf Modellkommunen. Während der dreijährigen Projektlaufzeiten werden digitale Strategien für Gebäudemanagement ausgearbeitet.
Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde die DUH aber erst in den letzten ein, zwei Jahren durch ihre erfolgreichen Klagen zugunsten von Fahrverboten. Dabei hatte die DUH schon lange auf die Problematik der Grenzwertüberschreitungen in der Luft vieler Städte und auf Unregelmäßigkeiten bei Dieselautos hingewiesen. Dieses Thema war auch vorherrschend im Gespräch mit Jürgen Resch in Radolfzell am Bodensee, der seit 30 Jahren Geschäftsführer der DUH ist. Resch verwies darauf, dass die DUH schon viele Bundesverkehrsminister auf Unregelmäßigkeiten bei Autos verschiedener in- und ausländischer Hersteller hingewiesen hatte, das Kraftfahrtbundesamt (KBA) aber keine amtlichen Nachmessungen durchgeführt habe.
Umso erfolgreicher die DUH vor Gericht war, umso kritischer wurde auf die Finanzierung der DUH geschaut – auch darum drehte sich einer unserer Gesprächsgegenstände. So mahnt die DUH Autohäuser ab, die bei der Bewerbung von Fahrzeugen deren Kraftstoffverbrauch nicht angeben. Aktuell kontrolliert sie stichprobenhaft über 20 Vorschriften. Derzeit werden am häufigsten Verstöße gegen die korrekte Angabe der Energieverbrauchswerte bei Immobilienanzeigen und erst an zweiter Stelle Verstöße der Autobauer und ‑händler moniert. Ich frage mich: Was soll daran verwerflich sein, wenn das Informationsrecht von Verbrauchern durch eine Verbraucherschutzorganisation mit Nachdruck und verfügbaren Rechtsmitteln durchgesetzt wird? Ich selber habe mich beim Kauf von Elektrogeräten immer wieder darüber geärgert, wenn der Energieverbrauch nicht am Produkt angebracht war oder ich erst danach suchen musste. Etwa 1.500 Abmahnungen verschickt die DUH im Jahr und nahm damit im Jahr 2017 knapp 2,2 Millionen Euro an Gebühren und Vertragsstrafen ein. Die Einnahmen, so die DUH, decken die mit den Kontrollen, den Rechtsdurchsetzungen und der Verbraucherberatung verbundenen Kosten. Geregelt, so Resch, ist dies im Unterlassungsklagegesetz, nach dem auch andere Verbraucherschutzverbände wie die Verbraucherzentrale und der Mieterbund arbeiten und den Verbraucherschutz durchsetzen. Ein Autohändler, der kürzlich gegen eine Abmahnung vor Gericht gezogen und dabei von der Autoindustrie unterstützt worden sei, habe zunächst vor dem Landes- und dann auch vor dem Oberlandesgericht gegen die DUH verloren. Der Versuch der Autoindustrie, die Marktüberwachung durch die DUH auszubremsen, sei damit gescheitert. Den immer wieder zu hörenden Vorwurf an die Adresse der DUH, sie sei zwischen 2004 und 2017 mit über einer Million Euro durch Toyota gefördert worden (für ein Projekt), habe ich ebenfalls angesprochen. Resch verwies darauf, dass die DUH auch schon Geld von Daimler und VW erhalten habe und keineswegs ausländische Autohersteller verschone. Toyota sei bereits 47 Mal von der DUH verklagt worden und es habe bereits 300 Rechtsverfahren gegen Toyota-Händler gegeben.
Aus der Politik kommt immer wieder die Forderung, der DUH die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Die, so Resch, sei erst bis August 2023 bestätigt worden. Dies ist, so sehr ich verstehen kann, dass manche über die Penetranz der DUH genervt sind, erfreulich. Denn: Die DUH hat es mit größtmöglichen Gegenspielern zu tun. Dazu gehört der große Teil der Politik, der sich über viele Jahre weggeduckt hat, als es schon viele Hinweise auf Manipulationen bei Verbrauchs- und Emissionswerten gab und mit der Automobilindustrie unheilvolle Allianzen gebildet hat.
Weitere Themen meines Gesprächs mit Jürgen Resch waren die neuen CO2-Grenzwerte der EU und der Verkehrslärm (inklusive Abschalteinrichtungen, mit denen einige Autos und Motorräder mächtig „aufdrehen“). Ich habe die Erwartung geäußert, dass die DUH zukünftig auch mit anderen Themen als dem Komplex „Stickoxide/Fahrverbote“ wahrgenommen wird. Jürgen Resch hat zugesagt, hier „zu liefern“. Die DUH bereitet gerade eine Initiative für die bundesweite Nutzung von Bus, Tram und Bahn vor.