29.03.2019, ergänzt am 02.04.2019
Im Werkstattdialog
Hardware-Nachrüstung für Pkw und Lkw/Busse? Im Daimler-Autohaus Jesinger in Esslingen habe ich mich über den technischen und rechtlichen Sachstand informiert.
Im Gespräch mit Geschäftsführer Frank Schnierle und einigen seiner Mitarbeiter aus den Pkw- und Nutzfahrzeugsparten sowie Christian Reher von der Innung des Kfz- Gewerbes Region Stuttgart wurde deutlich: Es gibt leider noch immer keine zertifizierten Nachrüstsets (für die immer auch Softwareupdates erforderlich sind). Wer dennoch nachrüsten lässt, verliert die Fahrzeugzulassung. Das ist ärgerlich, können doch die Tests, die gemeinsam vom Land Baden-Württemberg und dem ADAC anhand mehrere Testfahrzeuge mit Fahrleistungen von jeweils 50.000 Kilometer durchgeführt wurden, als erfolgreich gelten. Die Stickoxid-Emissionen konnten nachhaltig deutlich gesenkt werden. Aufgetretene Probleme können genutzt werden, um schnell bessere Nachrüstlösungen zu entwickeln. Für Fahrzeuge der Euronorm-Klasse 4, die alle mindestens 11 Jahre alt sind, wird die Nachrüstung sehr skeptisch gesehen – anders als bei Euronorm 5‑Dieselautos. In den USA fanden die Nachrüstungen für diese bereits statt. Auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag antwortete die Bundesregierung, bislang seinem beim Kraftfahrtbundesamt (KBA) vier Anträge auf die Genehmigung von Hardware-Nachrüstsystemen gestellt worden. Die zur Erteilung einer Genehmigung erforderlichen Unterlagen seien jedoch bislang nicht eingereicht worden. Sobald diese vorlägen, können binnen zwei Wochen die Genehmigung erteilt werden. Entwickler und Hersteller von Pkw-Nachrüstsystemen halten sich vor allem zurück, weil ein ausreichend großer Markt durch die “Zurückhaltung” der Automobilkonzerne und der Bundespolitik in Sachen Finanzierung bzw. klarer Erwartungen/Vorgaben nicht ersichtlich ist. Ob es bereits einen (absehbaren) Gebrauchtwagenmarkt für die in Sachen Stickoxiden weitgehend sauberen Euronorm 6D Temp-Fahrzeuge gibt, wollte ich von den Fachleuten des Autohauses wissen. Antwort: Ja, aber bisher nur für große Fahrzeuge, die als erstes auf den Markt gekommen waren. Ab Herbst könnten zunehmend auch gebrauchte kleinere Modelle im Angebot vorzufinden sein.
Im Lkw- und Bus-Bereich gibt es bereits seit dem Jahr 2012 die Euronorm-Klasse 6, die bei den Stickoxiden als „sauber“ gilt. Aber auch hierfür gibt es keine Nachrüstsets, obwohl die Nachrüstung insbesondere für Busse und Sonderfahrzeuge wie Müllautos oder Handwerkerfahrzeugen mit (teurer) Spezialausstattung häufig interessant sein dürfte. Diese werden vielfach lange genutzt und sind, zumindest dann, wenn sie im Nahverkehr eingesetzt werden, häufig in sensiblen Innenstadtbereichen im Einsatz. Die Kosten für eine Nachrüstung dürfte an die 15.000 Euro heranreichen. Auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag antwortete die Bundesregierung, für schwere Kommunalfahrzeuge würden noch keine Anträge auf Zulassung von Hardware-Nachrüstsystemen vorliegen. Mit entsprechenden Anträgen ist aber zu rechnen, da die Nachfrage eher als bei den Pkw (siehe oben) gegeben sein dürfte und der Bund die Nachrüstung bei Nutzfahrzeugen finanziell fördert.
Ein weiteres Thema des Gesprächs waren E‑Autos. Bei der Marke Smart sind bereits 40 Prozent der verkauften Neuwagen elektrisch. Die Werkstatt ist zertifiziert, hat ihre Mechatroniker entsprechend geschult und verfügt auch über eine Ladesäule.
Beim Rundgang durch die Werkstatt sprachen wir auch über die Fachkräftesituation. Diese gilt angesichts steigender Anforderungen durch schnelle technische Entwicklungen als schwierig.