Besuche in Wasserkraftwerk, Imkerei, Steinbruch und mehr …
Über einige hundert Meter zieht sich etwas oberhalb des natürlichen Bachlaufs der Lauter ein Kanal hin. Dessen Wasser treibt in Dettingen unter Teck die Turbinen von zwei kleinen Wasserkraftwerken an.
Die eine wird von Reinfried Kirchner betrieben und stammt aus dem Jahr 1908. Im Gebäude sieht es aus wie in einem Technikmuseum. Denn vieles aus vergangenen Jahrzehnten ist erhalten worden, teilweise sogar noch in Betrieb. Zwei Turbinen mit einer Gesamtleistung von 60 kW erzeugen im Jahr etwa 250.000 Kilowattstunden Strom. Gebaut worden war das Kraftwerk für die Stromversorgung der ehemals benachbarten Tuchfabrik und Färberei. Seit der Aufgabe dieses Unternehmens wird der Strom ins Netz eingespeist. Einige Steinwürfe weiter unterhalb betreibt Gottlob Hummel ein wegen etwas größerer Fallhöhe leistungsstärkeres Wasserkraftwerk (80 kW), das in einem Durchschnittsjahr etwa 300.000 Kilowatt Strom erzeugt. Ein kleiner Teil wird für die hauseigene Brennerei verwendet, der Rest wird ins Netz eingespeist. Die Gesamtstrommenge an Strom reicht rechnerisch, um den Strombedarf von 200 Durchschnittsfamilien zu decken. Die Betreiber beider Anlagen erhalten von den EnBW 12,6 Cent pro eingespeister Kilowattstunde. Die Kleinwasserkraftwerke laufen etwa 360 Tage im Jahr und gelten damit als grundlastfähig – wenngleich die Strommenge in Abhängigkeit von der Wassermenge schwankt. Etwas erschrocken war ich von den Mengen an Kunststoffabfällen, die aus dem Bach und dem Kanal gezogen wurden. In nur acht Wochen wurden mehrere Körbe überwiegend mit Plastikflaschen gesammelt.
Nach der Kraftwerksbesichtigung bin ich mit dem Betreiber noch den Kanal aufwärts gelaufen und habe mir den Verlauf des geplanten Fischaufstiegs zeigen lassen. Vorbei am Wasserschlössle mit seinem markanten Turm, in dem ebenfalls mit der Kraft des Lauterwassers Strom erzeugt wird, ging es weiter nach Owen. Dort musste ich feststellen, dass beide Restaurants geschlossen haben. Mir blieb nur eine kleine Möglichkeit zur Stärkung beim Bäcker, bevor ich den Aufstieg auf den Teckberg in Angriff nahm. Überrascht war ich, wie lange noch der Lärm von der Straße zu hören war, als ich längst weit oben über dem Tal war. Der Weg führte mich vorbei an der Ruine Rauber, die ich mir anschaute, nach Bissingen-Ochsenwang, wo der erste Tag endete. Mit dem Wirtspaar unterhielt ich mich noch eine Weile über die Situation in der Gastronomie. Den Abend schloss ich mit einem kleinen Spaziergang auf den höchsten Punkt des Ortes (830 Meter).
Der zweite Tag begann bei strahlendem Sonnenschein, aber (zum Laufen angenehm) niedriger Temperatur. Über den Kunst- und Aktionspfad der Ziegelhütte, einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung, vorbei am Randecker Maar ging es nach Schopfloch, einem Ortsteil der Gemeinde Lenningen auf der Albhochfläche.
Dort befindet sich die „Pfulb“, vielen als Wintersportort mit zwei Skiliften bekannt. Das Areal, bestehend aus einer Hütte und den Liften, wurde von Gabi Kazmeier aufgekauft, die dort mit zwei Mitstreiter*innen ein inklusives Bewegungszentrum für sportbegeisterte Menschen mit und ohne Behinderung aufbaut. Die Sonderpädagogin hat dieses Ziel mit viel Ausdauer und Hartnäckigkeit verfolgt. Die Skilifte sind im vergangenen Winter, nachdem sie eine Saison außer Betrieb waren, wieder gelaufen. Den Schwerpunkt bildet neben dem Ski- der Fahrradsport. Es gibt Rollstühle auf Skiern, Handbikes und Tandems für gemeinsame Fahrten von blinden mit sehenden Menschen. Angeboten werden aber auch Wanderungen und Nordic-Walking. In der Hütte werden die Gäste bewirtet. Ziel ist es letztlich, ganzjährig Sportangebote laufen zu lassen und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Dabei wird mit dem Behindertensportverband und Einrichtungen aus der Behindertenhilfe der Umgebung kooperiert. Eine schöne Idee, der ich viel Erfolg wünsche!
Vom Berg ging es hinab ins Tal durch Gutenberg und entlang des Lauter-Kanals nach Oberlenningen. Dort schaute ich mir die Imkerei von Bernd Epple an. Er hat 20 Wirtschaftsvölker. Ein Großteil davon befand sich an den Kirchheimer Bürgerseen, um sich im Wald an Fichten und anderen Nahrungsquellen zu laben. In den meisten Jahren werden vier Honigsorten, darunter Apfelblüten- und Waldhonig, produziert. Verkauft wird der Honig unter anderem in Hofläden und auf Weihnachtsmärkten.
Gestärkt von süßen „Versucherle“ ging es für mich wieder hinauf auf die Alb, diesmal nach Lenningen-Hochwang. Nach dem Einchecken in der Pension und dem Umziehen lief ich nach Erkenbrechtsweiler, um bei der Einsetzung des neuen Gemeinderates dabei zu sein. Ursprünglich hatte ich ein Bürgergespräch am Grillplatz geplant, wollte aber keine Konkurrenzveranstaltung machen. Auch die Sondersitzung des Gemeinderates bot viele Möglichkeiten für Gespräche, so mit dem Bürgermeister, neu gewählten und ausgeschiedenen Gemeinderatsmitgliedern und Vertretern der Feuerwehr.
Bevor ich zum dritten Wandertag aufbrach, sprach ich mit dem Einzelhändler am Übernachtungsort noch über das Überleben des Lebensmitteleinzelhandels in kleinen Orten. Dass viele nicht nur auswärts arbeiten, sondern dort zugleich auch einkaufen, macht das wirtschaftliche Überleben wichtiger Infrastruktur nicht einfacher. Am Ende sind es vor allem die älteren Menschen, die darunter leiden, wenn Angebote wie Bäckereien, Lebensmittelgeschäfte oder Postfilialen schließen.
Zurück zu meiner Wanderung: Auch der letzte Tag bot mir allerlei interessante Stationen und Begegnungen. Diesmal hatte ich durchgehend Begleitung.
Los ging es mit einem Besuch im Steinbruch Bauer in Erkenbrechtsweiler, einem Familienbetrieb, der noch einen zweiten Steinbruch in Grabenstetten betreibt. Es werden Tragschichten für den Straßen‑, Wege- und Bahnbau, Gesteine für die Beton- und Asphaltherstellung und Steine für den Flussbau (Uferbefestigungen) sowie als Kalkdünger gebrochen und verarbeitet. Für den Bau von Schienenwegen werden Gleisschotter sowie Materialien für feste Fahrbahnen angeboten. Alle Baumateriealien können direkt auf die Baustellen geliefert werden. Aktuell wird beispielsweise das Material für die Tübbinge, das sind Betonschalen für den Tunnelbau, im Boslertunnel (Neubaustrecke Wendlingen-Ulm) geliefert. Einen Teil des 42 Hektar großen Geländes, das zu etwa einem Drittel wieder rekultiviert wurde, konnten wir bei einer Rundfahrt anschauen. Zur Rekultivierung: Nach Ende der Nutzung wird das Gelände beispielsweise mit Aushubmaterial aus dem Tunnelbau wieder aufgefüllt und mit Humus als Oberschicht wieder möglichst nahe in den Ursprungszustand zurückversetzt.
Vom Steinbruch aus ging es über einen wunderbaren Aussichtspunkt am Albtrauf zum Hohenneuffen, wo wir zu Mittag aßen und ein letztes Mal auf dieser Wanderung ins Tal hinabstiegen. In Frickenhausen-Linsenhofen besuchten wir den Winzer Helmut Dolde, mit dem wir ein Gläschen „Linsecco“ tranken und uns nebenbei über Weinbau unterhielten. 10.000 Flaschen mit neun verschiedenen Weinen erhalten pro Jahr das Etikett mit der Aufschrift „Dolde“. Diese werden überwiegend direkt vermarktet. Ich lerne, dass Weine aus Höhenlagen, in denen es nachts stärker abkühlt, besonders viel Säure enthalten und einen positiveren Nachgeschmack im Mund entfalten.
Mit einem solchen positiven Nachgeschmack endete meine Drei-tages-Wanderung. Es war meine inzwischen elfte (!) seit 2013. Aber sicher nicht die letzte.