03.10.2019
Der Wald Stirbt nicht, aber viele seiner Bäume
Rund 40 Interessierte folgten meiner Einladung, sich im Filderstädter Wald von Förster Hellstern erklären lassen, was dem Wald so massiv Stress bereitet: Die Klimaerwärmung, die Trockenheit und der Schädlingsbefall.
„Ich kann zum Glück keine Katastrophenbilder zeigen“, so der Förster gleich zu Beginn der Waldführung. Glücklicherweise wurde hier schon lange damit begonnen, resistentere Mischwälder aufzubauen und in den letzten 30 Jahren den Nadelholzanteil zu halbieren. Auch wenn es – anders als in anderen Regionen – keine großflächigen Schadensbilder oder gar abgestorbene Waldflächen gibt, gestorben wird auch im Filderstädter Wald. Traurig war es zu hören, dass der Fichte („Sie wird als erstes gehen“) so gut wie keine und der Buche/Rotbuche nur teilweise eine Zukunft prophezeit wird. Der Birke geht es nicht viel besser. Die Eschen leider unter einem Pilz, den es schon lange gibt, aber für viele hitzegeplagten Bäume das Ende bedeuten. Viele Eichen weisen braune Blätter auf, die vom Befall mit dem Eichenprozessionsspinner und Mehltaupilz herrühren. Bereits am Startpunkt, dem Waldrand, der dem Süden zugewandt ist, waren über hundertjährige Bäume zu sehen, die mit diesem Standort lange zurecht gekommen waren, nun aber Hitzeschäden erkennen lassen.
Wir liefen an der Waldfläche vorbei, die von Sturm „Lothar“ einst flachgelegt und zwischendurch als Parkplatz für das Porsche-Tennis-Turnier umfunkioniert wurde. Die Wiederaufforstung gestaltet(e) sich auf dem verdichteten, nicht mehr natürlichen Boden als schwierig. „Die Bildung der Bodenstruktur ist eine Sache von Jahrtausenden“ erklärt der Förster und zeigt gelungene wie auch gescheiterte Anpflanzversuche auf dem Gelände. Entlang des weiteren Weges sehen wir gepflanzte Kreuzungen mit Walnüssen. Es wird also auch experimentiert.
Wir kommen am Bärensee, einem sehr beliebten Ausflugsziel, vorbei. Die Quelle, die den See speist und früher auch den „Kleinen Bärensee“ gefüllt hat, ist mit einer Schüttung von 0,5 Liter pro Sekunde bei weitem nicht mehr so ergiebig wie früher. Davon zeugt auch ein ausgetrocknetes Bachbett. Der Sauerstoffgehalt im See ist auf unter 4 Milligramm pro Liter gesunken, wie das Messgerät des Försters aufzeigt. Das ist deutlich zu wenig selbst für anspruchslose Fische, aber ausreichend für Amphibien und Reptilien.
Auf dem Rückweg weist der Förster auf Verbissschäden an Jungbäumen hin und wünscht sich eine intensivere Bejagung von Rehen, um die Naturverjüngung des Waldes zu erleichtern.
Zum Abschluss der fast dreistündigen Veranstaltung nennt der Förster die Eiche, teilweise die Buche/Rotbuche, den Spitzahorn und die Elsbeere als Baumarten, die vermutlich auch und mehr als heute in einigen Jahrzehnten in unserem Wald vorzufinden sein werden.
Der leidende Zustand und die Perspektive des Waldes machen deutlich, wie wichtig es ist, beim Klimaschutz endlich ernst zu machen. Unser Klima braucht den Wald. Unser Wald braucht einen wirksamen Klimaschutz.