Engpässe spätestens nach 2030 absehbar
Stuttgart 21 wird allerfrühestens im Jahr 2025 in Betrieb gehen – und selbst dann nicht vollständig, sondern ohne den Gäubahnanschluss an den Flughafen. Dass die vorgesehenen Kapazitäten im neuen Bahnknoten nur mit den erwarteten Verkehren im Jahr 2030 abgeglichen werden, führt zu fatalen Rückschlüssen. Direkt nach Inbetriebnahme des neuen Bahnknotens sollen die Kapazitäten – wenn auch auf Kante genäht – noch irgendwie ausreichen. Das zeigt die aktuelle Fortschreibung des Verkehrsmodells des Verbands Region Stuttgart (VRS). „Irgendwie“ bedeutet, dass beispielsweise gleich mit der Inbetriebnahme des neuen Hauptbahnhofs Bahnsteiggleise durch zwei hintereinander stehende Züge belegt werden müssen. Es muss jedoch (erfreulicherweise) davon ausgegangen werden, dass auch in den Jahren danach eine zunehmende Anzahl an Zügen benötigt wird, um den Fahrgastzuwachs bewältigen zu können. Spätestens dann, also in den Jahren nach 2030, wird es aber so eng, dass die neu geschaffene Infrastruktur kaum mehr zusätzliche Züge aufnehmen kann und die Betriebsqualität sinkt. Eine “wirtschaftlich optimale Betriebsqualität” bietet keine ausreichende Zukunftsperspektiven und wird auf Dauer wegen unzureichende Robustheit für Verspätungsaufbau sorgen. Mit Stuttgart 21 droht ein neuer Bahnknoten zu entstehen, der zwar viele Milliarden Euro kostet, aber – wenn überhaupt – nur wenige Jahre dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Wenn mit Stuttgart 21 ein zukunftsfähiger Bahnknoten entstehen soll, muss jetzt gehandelt werden und das Projekt der 1990er-Jahre – so gut wie das heute durch Ergänzungen der bisherigen Planungen noch möglich ist – zu einem Zukunftsprojekt weiter entwickelt werden. Es braucht bei Zuffenhausen und Feuerbach ein 5. und 6. Gleis, um die Kapazität zu erhöhen. Außerdem werden diese Gleise benötigt, um die Hochgeschwindigkeitsstrecke von und nach Mannheim so zu erweitern, dass eine deutschlandtakt-fähige Reisezeit von maximal 30 Minuten ermöglicht wird. Am Stuttgarter Hauptbahnhof muss der im Bau befindliche Tiefbahnhof um zusätzliche Kopfbahngleise ergänzt werden. Diese können so errichtet werden, dass sie durch Tieflage die Überbaubarkeit des Gleisvorfeldes nur geringfügig beeinträchtigen.
Die Entscheidungen, Stuttgart 21 durch zusätzliche Infrastruktur zu ergänzen, müssen jetzt getroffen werden, um rechtzeitig die planerischen und baulichen Vorkehrungen schaffen zu können. Hierfür stehen diejenigen, die Stuttgart 21 einst mit ihren Mehrheiten im Land, der Region und der Landeshauptstadt gegen den vielfachen fachlichen Rat durchgesetzt haben in einer ganz besonderen Verantwortung. Sie müssen sich jetzt endlich bewegen, damit sich auch in 10 Jahren und danach auf den Gleisen in und um Stuttgart etwas bewegen kann.