06.02.2020
Fachgespräch im Hafen Stuttgart
Draußen strömen mit hoher Geschwindigkeit die braunen Wassermassen des Neckars vorbei. Schiffe fahren wegen des Hochwassers keine. Dafür dreht es sich drinnen, im Verwaltungsgebäude der Hafen Stuttgart GmbH, alles um die Binnenschifffahrt. Die Landtagsfraktion der Grünen hatte zum Fachgespräch geladen.
Hafengeschäftsführer Carsten Strähle wies auf überlastete Straßen, den Ausbaubedarf bei den Schienenwegen und die großen, ungenutzten Kapazitäten auf den Wasserwegen hin. Man treibe als Häfen entlang des Neckars die „Containerisierung“ voran, da diese Potentiale für den Güterverkehr bieten würde. Wichtig sei auch und insbesondere die Sanierung und der Ausbau der Schleusen am Neckar.
Damit rannte er bei Verkehrsminister Winne Hermann offene (Schleusen)Tore ein. Dieser wies darauf hin, man bräuchte einen Verbund aus Schienen- und Wasserwegen sowie Straßen. Bedauerlicherweise habe das Binnenschiff in den letzten Jahren Verkehrsanteile verloren. Das habe auch mit der schwachen Position der Binnenschifffahrt, dem für die meisten Menschen „unbekannten Wesen“, zu tun. Er verwies darauf, dass das Land schon vor vielen Jahren dem Bund 15 Planer zur Verfügung gestellt habe, um die Ausbaupläne der Schleusen am Neckar voran zu treiben. Er forderte aber auch, dass die Schiffe bei den Emissionen sauberer werden müssten.
Aus der Wissenschaft war Prof. Tobias Bernecker von der Hochschule Heilbronn flussaufwärts angereist. Er hatte allerhand Statistiken mitgebracht. So läge der Anteil der Binnenschifffahrt an der Verkehrsleistung des Güterverkehrs in Baden-Württemberg nur bei 8,1 Prozent (Bund: 10,3). Die Binnenschifffahrt in Deutschland werde stark von den Häfen in NRW und Hessen dominiert. Was deutlich wachsen würde sei der Containertransport. Die Binnenschifffahrt habe im Wesentlichen zwei Probleme: Güter würden oft als „Streumengen“ anfallen, also nicht bei einem Unternehmen in den Mengen, dass sich der Transport per Binnenschiff wirtschaftlich darstellen ließe. Zweitens stellten die Sondermaße der Neckarschleusen eine Einschränkung dar, da sie von größeren Schiffen nicht genutzt werden könnten. Andererseits benötige kein Verkehrsträger so wenig Infrastruktur wie das Schiff. Im Kohleausstieg und den entfallenden Kohletransporten sah er nicht nur ein Risiko für die Binnenschifffahrt, sondern auch eine Chance. Freiwerdende Flächen in den Häfen müssten dafür eine „hafenaffine Nachnutzung“ erhalten. „Logistikunternehmen gehören in Häfen.“
Dr. Wolfgang Hönemann als Vertreter des Hafens in Rotterdam zeigte weitere Handlungsfelder auf: Im Vor- und Nachlauf des Gütertransports per Binnenschiff sollte die zulässige Tonnage der Lastwagen heraufgesetzt werden, Schwerguttransporte auf der Straße sollten nur zugelassen werden, wenn ein Transport per Binnenschiff nachweislich ausscheide und Umschlaganlagen in den Häfen müssten modernisiert werden.