Gäubahn-Fahrgäste müssen nach Stuttgart umsteigen

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09.04.2020

Bauablauf von S 21 führt zu schlechteren Anschlüssen

Etwa ein hal­bes Jahr vor Inbe­trieb­nah­me des Tief­bahn­hofs von Stutt­gart 21 soll die „Pan­ora­m­abahn“ auf Höhe des Nord­bahn­hofs gekappt wer­den. Ursprüng­lich hät­ten bald dar­auf die Züge der Gäu­bahn über den Flug­ha­fen an den neu­en Haupt­bahn­hof geführt wer­den sol­len. Doch die Zeit­plä­ne lau­fen aus­ein­an­der – und die Fahr­gäs­te haben das Nach­se­hen.

Die Deut­sche Bahn hält eisern dar­an fest, dass der Tief­bahn­hof im Dezem­ber 2025 in Betrieb gehen soll. So unsi­cher das bei kri­ti­scher Betrach­tung sein dürf­te, so sicher ist, dass nicht der gan­ze neue Bahn­kno­ten zu die­sem Zeit­punkt fer­tig gebaut sein wird. Pro­ble­me macht ins­be­son­de­re der Plan­fest­stel­lungs­ab­schnitt 1.3b. Hier geht es um die Füh­rung der Gäu­bahn (Zürich – Sin­gen – Böb­lin­gen – Stutt­gart Haupt­bahn­hof) über den Flug­ha­fen. Die­se Plä­ne gel­ten als extrem kom­pli­ziert. Immer wie­der ist zu hören, dass die Inge­nieu­re noch kei­ne Lösung gefun­den haben. Jetzt wur­de wegen der Coro­na­kri­se auch noch die Erör­te­rungs­ver­an­stal­tung im Rah­men des Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­rens abge­sagt. Einen Fer­tig­stel­lungs­ter­min für die Bau­maß­nah­men zur Errich­tung der Rohrer Kur­ve und des Bahn­hofs „3. Gleis“ am Flug­ha­fen sowie eines Tun­nels zur Neu­bau­stre­cke an der Auto­bahn konn­te die Deut­sche Bahn schon vor der Coro­na­kri­se nicht nen­nen. Hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand war schon vom Jahr 2030 die Rede. Dies hät­te zur Fol­ge, dass die Züge der Gäu­bahn über fünf Jah­re lang nicht an den Haupt­bahn­hof fah­ren kön­nen. Start- und End­punkt für die­sen Zeit­raum wäre dann Stutt­gart-Vai­hin­gen. Dort wird bereits an einem neu­en Regio­nal­bahn­steig gear­bei­tet. Fahr­gäs­te der Gäu­bahn müs­sen dann in Vai­hin­gen auf die bzw. von der S‑Bahn umstei­gen. Der Umstieg bedeu­tet für die Rei­sen­den einen Kom­fort­ver­lust. Es kommt aber noch dicker: In sehr vie­len Fäl­len kommt es zu Anschluss­ver­lus­ten und Rei­se­zeit­ver­län­ge­run­gen für die­je­ni­gen, die am Haupt­bahn­hof umstei­gen müs­sen. Kon­kre­te Bei­spie­le: Will ein Fahr­gast von Sin­gen um 8.35 Uhr (oder spä­ter bspw. in Tutt­lin­gen, Rott­weil, Horb oder Böb­lin­gen zustei­gen) über Stutt­gart nach Nürn­berg fah­ren, so kommt er heu­te[1] um 13.20 Uhr in Nürn­berg an. Endet der Zug in Vai­hin­gen und es muss dort in die nächs­te S‑Bahn umge­stie­gen wer­den, so kann der Anschluss um 10.57 Uhr mit größ­ter Wahr­schein­lich­keit nicht erreicht wer­den. Der Fahr­gast kommt dann nicht um 13.20 Uhr in Nürn­berg an, son­dern erst um 14.18 Uhr, also eine Stun­de spä­ter. Es gibt dras­ti­sche­re Bei­spie­le als die­se und auch Anschlüs­se, die trotz des Umstiegs in Vai­hin­gen unver­än­dert erreicht wer­den. Von 16 Anschlüs­sen ver­schlech­tern sich genau 8. Auf man­chen Ver­bin­dun­gen ändert sich nichts. Die acht Anschlüs­se, die sich ver­än­dern, füh­ren zu ver­län­ger­ten Rei­se­zei­ten im Rah­men von ein bis fast 2,5 Stun­den. Ähn­lich sieht es für die­je­ni­gen aus, die aus Rich­tung Sin­gen kom­mend nach Mün­chen umstei­gen wol­len. Hier wer­den sie­ben von 16 Ver­bin­dun­gen zeit­auf­wän­di­ger. Meist geht es um 20 bis 35 Minu­ten. Die letz­te Abend­ver­bin­dung funk­tio­niert über­haupt nicht mehr. Beson­ders häu­fig trifft es die Rei­sen­den aus dem Süden, die in Stutt­gart nach Mann­heim umstie­gen wol­len. 11 von 16 Ver­bin­dun­gen wer­den mehr Zeit bean­spru­chen als heu­te. Jedoch ver­län­gern sich die Rei­se­zei­ten dank der vie­len Ver­bin­dun­gen zwi­schen Stutt­gart und Mann­heim teil­wei­se nur um weni­ge Minu­ten und maxi­mal um rund eine hal­be Stun­de.

Fazit: Die Unter­bre­chung der direk­ten Erreich­bar­keit des Stutt­gar­ter Haupt­bahn­hofs geht mas­siv zu Las­ten der Fahr­gäs­te aus den Räu­men Sin­gen, Tutt­lin­gen, Rott­weil, Horb und Böb­lin­gen. Sie müs­sen zusätz­lich umstei­gen und viel­fach mit län­ge­ren Rei­se­zei­ten rech­nen. War­um das? Weil es bis­her kei­ne poli­ti­sche Eini­gung dar­über gibt, den Bau­ab­lauf so anzu­pas­sen, dass die Pan­ora­m­abahn­stre­cke nahe­zu unter­bre­chungs­frei befahr­bar bleibt. Daher die For­de­rung: Bringt end­lich die städ­te­bau­li­chen Ansprü­che für die Über­bau­ung des Gleis­vor­fel­des in Ein­klang mit drin­gen­den ver­kehr­li­chen Erfor­der­nis­sen! Die Fahr­gäs­te dür­fen nicht die Leid­tra­gen­den ver­fehl­ter Pla­nun­gen sein.

[1] Den der­zeit aus­ge­dünn­ten „Coro­na­fahr­plan“ las­sen wir außer Acht und bezie­hen uns auf den nor­ma­len, nicht aus­ge­dünn­ten Fahr­plan