Güter verlagern in der Praxis
Die Güter in Deutschland werden noch nicht einmal zu zwanzig Prozent per Bahn transportiert. Der Lastwagen hat einen Anteil von 70 Prozent. Wenn sich daran etwas ändern soll – wir wollen es ändern – so müssen wieder mehr Industriegebiete einen Bahnanschluss erhalten und es müssen Terminals gebaut werden, in denen Container vom Lkw auf die Bahn verladen werden können (Kombinierter Verkehr). In Horb bietet sich derzeit die Chance ein solches Terminal zu errichten. Unternehmen, die Stadt, der Landkreis, das Land und die Deutsche Bahn unterstützen das Vorhaben. Es besteht bereits Baurecht, da sich das Gelände in einem Industriegebiet befindet, in dem es keine Ausschlüsse gibt. Der Gemeinderat unterstützt das Vorhaben einhellig. Die Gleise wurden seit 30 Jahren nicht mehr regelmäßig und nach dem Orkan „Lothar“ vor 21 Jahren letztmalig, damals zum Abtransport des Sturmholzes, genutzt. Diese befinden sich aber in einem ausreichenden Zustand und wurden formal nicht stillgelegt.
Alle Beteiligten arbeiten an der Realisierung. Land und Stadt tragen große Teile der ersten Planungskosten (Machbarkeitsuntersuchung und Vorplanung). Der Bund wird die Baukosten für das Terminal und die Erneuerung von Weichen und Stellwerk fördern. Das Verkehrsministerium des Landes hat für das Projekt eine feste Anlaufstelle im Ministerium eingerichtet.
Gegen die Pläne regt sich Widerstand in der Bevölkerung. Zwei Bürgerinitiativen wenden sich gegen den mit dem Terminal und dem erweiterten Gewerbegebiet verbundenen Landverbrauch und Lastwagenverkehr von und zum Terminal. Mit Vertreter*innen einer Initiative trafen wir uns und konnten vermutlich einen Teil der Bedenken ausräumen oder zumindest verringern.
Vor Ort trafen wir uns mit den drei Unternehmern, von denen die Initiative ausging. Sie sind überwiegend im Logistikbereich tätig und wollen mehr der Güter auf die Schiene bringen. Bisher nutzen sie weiter weg liegende Terminals, vor allem das in Kornwestheim. Werden die Wege zum Umschlag auf die Schiene kürzer, müssen die Lastwagen nicht mehr so weit fahren und der „Kombinierte Verkehr“ (Vor- und Nachlauf per Lastwagen, Hauptlauf per Bahn) wird attraktiver. Der Umschlag soll per Container erfolgen, die mit „Reachstacker“ (ein radfahrender Greifstapler, der die Container von oben greift) vom Lkw auf den Güterwagen und umgekehrt verlädt. Von einem benachbarten Gleis im bestehenden Industriegebiet aus sollen auch Rundhölzer verladen werden können. Erwartet werden drei Halbzüge (maximale Länge 400 Meter) pro Woche mit bis zu 40 Containern. Für Vollzüge wird auch die ausgebaute Länge der drei Verladegleise nicht ausreichen. Rangiert werden soll mit einer Hybridlok. Die wenige hundert Meter entfernte Bahnstrecke zwischen Freudenstadt und Eutingen ist elektrifiziert. In Kornwestheim (für den Verkehr aus/in Richtung Norden) und auch in Horb (für den eventuell zukünftigen Verkehr aus/nach Süden, Italien) können Vollzüge gebildet werden.
Es wird von einer reinen Bauzeit von fünf Monaten ausgegangen. Im zweiten Halbjahr 2021 könnten die ersten Güterwagen mit Containern beladen werden.
Meine Meinung:
Wer die Forderung nach “Mehr Güter auf die Schiene” endlich aus den Sonntagsreden herausholen und konkret anpacken will, muss auf mehr Gleisanschlüsse in Industriegebieten und zusätzliche Umschlagsterminals setzen. Daher begrüße ich die breite Unterstützung und das unternehmerische Engagement für ein solches Terminal in Horb. Bedenken wegen des damit verbundenen Lastwagenverkehrs müssen ernst genommen werden. Daher sprechen wir auch mit den Vertretern der Bürgerinitiativen. Es muss geprüft werden, welche Lärmbelastungen zu erwarten sind und wie diese reduziert werden können. Letztlich muss jedoch klar sein, dass jede Chance für die Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene genutzt wird. Es kann nicht sein, dass Güter häufig hundert, zweihundert oder noch mehr Kilometer per Lastwagen transportiert werden müssen, bevor diese auf die Bahn verladen werden können. Das Horber Terminal hilft, die Straßen vom belastenden Schwerlastverkehr zu entlasten und Klimaziele zu erreichen. Daher unterstütze ich die Pläne ausdrücklich und hoffe sehr, dass diese bald umgesetzt werden können.