Einige Menschen glauben an Corona-Diktatur
Uns Abgeordnete erreichen in diesen Tagen unzählige Mails von Menschen, die sich wegen der Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung Sorgen um Freiheit und Demokratie machen. Es handelt sich um eine sehr wilde Mischung von Personen. Darunter sind sehr viele, die in Sprache und Wahrnehmung sehr extrem unterwegs sind. So wähnen sich viele in einer „Corona-Diktatur. Ich gebe hier einige dieser Statements und meine Reaktion darauf wieder.
Manche Menschen glauben ernsthaft, dass durch die Corona-Maßnahmen die Demokratie abgeschafft und eine Diktatur aufgebaut wird – oder wir uns bereits mitten in einer Diktatur befänden. Wir Abgeordneten erhalten täglich Mails wie diese beiden, die ich hier auszugsweise darstelle. Ich versuche, auf möglichst viele davon zu antworten und auf die Sorgen der Menschen einzugehen. Ich weise dann beispielsweise darauf hin, dass alle Maßnahmen auf Gesetze gründen, die von demokratisch gewählten Abgeordneten beschlossen wurden. Alle Maßnahmen können durch freie Gerichte auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden. Dies geschieht auch tatsächlich. In Unrechtsstaaten, in denen sich manche wähnen, wäre all dies nicht der Fall. Bürgerinnen und Bürger könnten dann auch keine Mails an uns schreiben, wie sie es machen. Notwendig ist, darauf drängen wir immer wieder, die stärkere Einbindung des Bundestages. Debatten und Abstimmungen sorgen für mehr Transparenz über die Argumente des Für und Wider und erhöhen damit die Akzeptanz der Beschlüsse.
Was mir vielmehr Sorgen macht sind Ereignisse wie die Demo der „Querdenker“ in Leipzig und die Ereignisse rund um diese Veranstaltung. Wer den Rechtsstaat schützen möchte, muss sich an seine Regeln halten. Dies gilt für Auflagen für das Durchführen für Demonstrationen wie beispielsweise das Abstandsgebot. Dies gilt auch für den Umgang mit der Polizei. Dies gilt ebenso dafür, dass man die Presse ihre Arbeit machen lässt. Zum Schutz des Rechtsstaates gehört übrigens auch, dass man keine gemeinsame Sache mit Rechtsextremisten macht.
Wenn man sich an alle diese Grundsätze hält, gibt es genügend Raum, um sachliche Kritik vorzubringen und macht es uns leichter, diese ernst zu nehmen und einen Dialog zu führen.
Auch, wenn viele der „Querdenker“ offenbar glauben, sie würden die Mehrheit der Gesellschaft repräsentieren: Allen Umfragen durch verschiedene Institute zufolge findet die Corona-Politik von Bund und Ländern über Monate hinweg eine breite Unterstützung. Bei den Kommunalwahlen in NRW wurden diejenigen durch die Bürgerinnen und Bürger gestärkt, die für diese Coronapolitik stehen. Auch der erste Wahlgang der OB-Wahl in Stuttgart war diesbezüglich aufschlussreich: Der Gründer der “Querdenker”-Bewegung, der bundesweit und vor allem in Stuttgart durch die Organisation von Demos bekannt wurde, erhielt trotz seiner starken Medienpräsenz gerade einmal 2,6 Prozent der Wähler*innenstimmen!
Unabhängig davon haben selbstverständlich alle Menschen das Recht, mit ihren Sorgen und ihrer Kritik ernst genommen zu werden. Grundlage dafür ist jedoch immer die sachliche Dialogfähigkeit.