05.12.2020
Bundesregierung: Kein Ausbau, kein Fernverkehr
In einer von mir als bahnpolitischem Sprecher initiierten Anfrage haben wir zusammengetragen, mit welchen überwiegend schnell umsetzbaren Infrastrukturmaßnahmen unter anderem entlang der Frankenbahn (Stuttgart – Heilbronn – Würzburg) größere Streckenkapazitäten hergestellt werden können. Die Antworten der Bundesregierung auf unsere Frage, was realisiert werden soll, fielen ernüchternd aus.
Außerdem haben wir abgefragt, wie sich die Reisendenzahlen an den Bahnstationen in Baden-Württemberg zwischen 2010 und 2019 entwickelt haben. Es fällt auf, dass die Entwicklung auf der Frankenbahn zwischen Besigheim und Bad Friedrichshall eine bestenfalls durchschnittliche Entwicklung aufweist. Dies lässt den Rückschluss zu, dass die gegenwärtige Infrastruktur kein ausreichend gutes und zuverlässiges Betriebskonzept zulässt. Für Heilbronn bräuchte es ein regelmäßiges Fernverkehrsangebot, das aber eine leistungsfähigere Infrastruktur für einen schnelleren Fernverkehr voraussetzt. Der Bund hat ursprüngliche Pläne für eine regelmäßige Fernverkehrsanbindung inzwischen wieder aufgegeben und möchte auch nicht in nennenswertem Umfang in die bundeseigene Infrastruktur investieren.
Hier Auszüge meiner Presseerklärung mit weiteren Informationen:
Auf der Frankenbahn besteht Handlungsbedarf. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Unsere Anfragen belegen, wie dringend in die Bahnstrecke investiert werden muss, um bessere und zuverlässigere Angebote zu ermöglichen. Ein Zielmuss sein, dass Heilbronn endlich eine regelmäßige Fernverkehrsanbindung erhält. Doch dazu muss investiert werden, um Engstellen zu beseitigen und höhere Geschwindigkeiten zu ermöglichen.
Mein Team und ich hatten eine ganze Reihe von kurzfristig umsetzbaren Infrastrukturmaßnahmen im Schienennetz in Baden-Württemberg ausfindig gemacht. Da es sich allesamt um Bundesschienenwege handelt, haben wir die Bundesregierung nach Plänen für deren Umsetzung gefragt. Darunter befinden sich auch einige denkbare Maßnahmen zur Erhöhung der Kapazität entlang der Frankenbahn. So wurde nach einem Überwerfungsbauwerk in Bietigheim-Bissingen, dem zweigleisigen Ausbau zwischen Möckmühl und Züttlingen, der Schaffung von Überholmöglichkeiten und der Beseitigung von Bahnübergängen gefragt. Die Antworten waren ernüchternd. Die Bundesregierung sieht nur einige wenige Maßnahmen für erforderlich an. Dabei handelt es sich um den Neubau eines elektronischen Stellwerks in Osterburken, wofür das Planrechtsverfahren bereits abgeschlossen ist und die Beseitigung der Langsamfahrstelle Neudenau. Für den Güterverkehr sollen Gleise in Lauda angepasst werden. Meine Meinung: Das ist mehr als enttäuschend. Die Frankenbahn hat bei ihrem Eigentümer, dem Bund, offensichtlich keinen hohen Stellenwert. Heilbronn ist eine der deutschen Großstädte ohne Fernverkehrsanbindung. Das Fahrgastpotential ist da. Was fehlt ist eine Infrastruktur, die keine Engpässe mehr aufweist und schnellere Züge zulässt. Da hilft der ständige Verweis des Bundes auf die Fahrbarkeit des aktuellen Betriebsprogramms nichts. Wir wollen, dass ein besseres Betriebsprogramm, zu dem auch Fernverkehr zählt, möglich wird. Für Heilbronn war im ersten Entwurf für den Deutschlandtakt-Fahrplan ursprünglich Fernverkehr auf der Relation Zürich-Würzburg über die Frankenbahn vorgesehen. Im neuen Entwurf, auf dessen Grundlage Anpassungen der Infrastruktur vorgesehen sind, ist kein Fernverkehr für Heilbronn mehr enthalten. Dabei leidet die Region schon heute, wie aktuelle Zahlen zeigen, die ebenfalls von uns abgefragt worden waren. Wir wollten wissen, wie sich die Reisendenzahlen an den Bahnhöfen des Landes seit dem Jahr 2020 entwickelt haben. Während diese landesweit bis zum vergangenen Jahr um durchschnittlich ein Viertel gestiegen sind und sich mancherorts auch verdoppelt und sogar verdreifacht haben, gab es zwischen Besigheim und Bad Friedrichshall eine bestenfalls durchschnittliche Entwicklung. In Heilbronn war nur ein Minimalzuwachs um drei Prozent auf knapp 12.000 Reisende, in Lauffen am Neckar um sechs Prozent auf 2.500 und in Bad Friedrichshall um acht Prozent auf 4.000 Reisende am Tag zu verzeichnen. In Neckarsulm gab es mit 17 Prozent auf 2.800 Ein‑, Aus- und Umsteiger zwar eine etwas stärkere, aber eben noch immer eine unterdurchschnittliche Entwicklung.
Es muss sich einiges ändern! Das Land hat inzwischen gemeinsam mit den Landkreisen ein Gutachten vergeben. Im Fokus stehen Maßnahmen zur Verbesserung der Betriebsstabilität. Es müsste aber um viel mehr gehen. Doch so lange der Bund als Eigentümer der Strecke hierfür nicht bereit ist, wird sich bestenfalls das bestehende Angebot in besserer Qualität ermöglichen lassen. Angebotsausweitungen und vor allem der in der Region Heilbronn ersehnte schnellere Fernverkehr werden ohne maßgebliche Verbesserungen der Infrastruktur, zu denen der Bund nicht bereit zu sein scheint, eine Vision bleiben.