26.01.2014
Vermeintlicher Riese zurechtgestutzt auf die wahre Größe
„Der gelbe Engel abgestürzt“ heißt es derzeit in den Medien über den ADAC. Auch von „Totalschaden“ ist zu lesen. Plötzlich werden all diejenigen mutig und wagen sich mit ihrer Kritik aus der Deckung, die vor dem ADAC und seiner (angeblichen?) Macht bislang gekuscht haben. Dabei ist es nichts Neues, dass der überwiegende Teil der fast 19 Millionen Mitglieder nur deswegen in den Verein eingetreten ist, um dessen Leistungen – allen voran die Pannen-Hilfe – in Anspruch zu nehmen. Ein politisches Mandat gegen Tempolimits und für hohe Alkoholgrenzwerte im Straßenverkehr wollten sie dem Club damit nicht erteilen. Ich glaube, dass der Einfluss des ADAC oftmals überschätzt wurde. Richtig ist zwar, dass er sich für die Liberalisierung des Fernbusmarktes eingesetzt hatte (und nun selber als Anbieter des ADAC-Postbusses auftritt). Die Liberalisierung wäre aber auch ohne den Club gekommen. Richtig ist auch, dass sich der ADAC für verbindliche Fahrsicherheitstrainings stark macht (auch, um seine eigenen, defizitären Trainingsanlagen besser auszulasten) und sich diese jetzt im Koalitionsvertrag der GroKo wiederfinden. Vermutlich wären aber auch diese früher oder später ohnehin gekommen, weil sie sinnvoll sind und andere Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit weitgehend ausgereizt sind. Die Kampagne gegen die CSU-Maut für Halter von im Ausland gemeldeten Autos zeigt am besten die begrenze Macht des ADAC auf. Sie ist nicht von durchschlagendem Erfolg gekrönt – siehe die Landtags- und Bundestagswahlen in Bayern und die Umfrageergebnisse zur Maut. Wenn diese Maut scheitert, dann am EU-Recht und nicht wegen des ADAC-Widerstandes. Was ist der ADAC denn nun? Er ist in erster Linie ein als Verein getarnter Wirtschaftskonzern mit einem Gesamtumsatz von zwei Milliarden Euro, der nicht viel anders geführt wird wie ein Kleintierzüchterverein. Zugleich versucht er sich in der politischen Einflussnahme, ist damit jedoch – wie beschrieben – längst nicht so erfolgreich, wie immer wieder angenommen wird.
Ich kann für den ADAC keinen Totalschaden erkennen. Die Leute werden auch weiterhin seine Pannenhilfe in Anspruch nehmen und Versicherungen abschließen. Aber die Glaubwürdigkeit des ADAC leidet. Damit wurde der vermeintliche Riese (ein Engel war er noch nie) auf seine wahre Größe zurechtgestutzt. Das muss kein Fehler sein. Der ADAC bleibt ein wichtiger Verband, dessen Meinung nicht ignoriert – aber eben künftig realistischer eingeschätzt – werden kann. Für den Automobilclub ist es nun an der Zeit, mal rechts ranzufahren, um über seine künftigen Aufgaben und Strukturen nachzudenken. Transparenz und etwas mehr Bescheidenheit stehen ihm gut zu Gesicht. Und für uns als Mobilitätsteilnehmende gibt es längst bessere – ökologischere, nicht einseitig aufs Automobil ausgerichtete – Verkehrsclubs mit guten Angeboten. Wenn einige Menschen mehr dort, beispielsweise beim Verkehrsclub Deutschland (VCD), Mitglied werden, dann hätte der ADAC-„Skandal“ sogar neben dem klärenden Blick auf das, was der Club tatsächlich ist, eine zweite positive Auswirkung.