An der NBS Wendlingen–Ulm entsteht ein neuer Bahnhof
Merklingen mit seinen 2.000 Einwohnern verfügte bis 1985 über den Bahnhof Merklingen und den Haltepunkt Merklingen-Ost, beide an der für den Personen- wie den Güterverkehr stillgelegten, knapp 20 Kilometer langen schmalspurigen Bahnstrecke Amstetten – Laichingen.
Bereits im Planfeststellungsbeschluss für die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm, Planfeststellungsabschnitt 2.3, wurde festgehalten, dass die Fläche für den möglichen späteren Bau des Bahnhofs freigehalten werden soll. Im November 2013 griff Landesverkehrsminister Winfried Hermann mehrere kommunalpolitische Vorstöße auf und sagte die Prüfung eines Bahnhaltes zu. Auf kommunaler Ebene bildete sich ein Bündnis, überwiegend bestehend aus den Gemeinden des Gemeindeverwaltungsverbandes Laichinger Alb. Später wurde ein Zweckverband gegründet, dem auch Kommunen aus dem Landkreis Göppingen angehören. Eine Potentialstudie des Alb-Donau-Kreises prognostizierte 1.500 Fahrgäste am Tag. Verschiedene Nutzen-Kosten-Berechnungen erbrachten mal eine Wirtschaftlichkeit, mal wurde diese verfehlt. Dreh- und Angelpunkt waren überwiegend die Fahrgastzahlen, vor allem aber der Umgang mit der Verlängerung der Reisezeit durch den Zusatzhalt um knapp über zwei Minuten und die daraus resultierenden Anschlussverluste in Stuttgart und Ulm. Die Anschaffung schnellerer Regionalzüge wäre teuer geworden. Letztlich hat man sich auf mehrere Maßnahmen verständigt: Kompensation durch eine Minute verkürzte Standzeit in Heilbronn und eine Minute verkürzte Wendezeit in Friedrichshafen durch einen zweiten Lokführer. Da der Laufweg dieser Linie mit 400 Kilometer für einen Regionalzug sehr lang ist besteht unabhängig vom neuen Bahnhof in Merklingen ein großes Störrisiko.
Die Kosten für den zusätzlichen Bahnhof werden vom Land (mindestens 30 Millionen Euro) und den Alb-Kommunen (13 Millionen Euro) gemeinsam getragen.
Der neue Bahnhof wurde im Dezember 2016 vertraglich vereinbart, der Baubeginn in Form eines symbolischen Spatenstichs fand im Mai 2017 statt. Die beiden links und rechts der Neubaustrecke liegenden zusätzlichen Gleise erhalten je 210 Meter lange Außenbahnsteige, die barrierefrei mit einem Steg und Aufzügen erschlossen werden.
Der Inbetriebnahmezeitpunkt ist noch unklar. Ursprünglich sollte der neue Bahnhof gemeinsam mit Stuttgart 21 in Betrieb genommen werden. S 21 mit dem neuen Tiefbahnhof in der Stuttgarter City wird jedoch frühestens im Jahr 2025 fertiggestellt, die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm wird voraussichtlich 2022 für einen Teil der Verkehre eröffnet. Die DB prüft derzeit einen Interimsfahrplan. Das Teilstück Ulm – Merklingen könnte nochmals früher fertiggestellt werden. Eine vorzeitige Teil-Teil-Inbetriebnahme lehnt die Deutsche Bahn jedoch unter Verweis darauf ab, dass die Signaltechnik erst im Jahr 2022 fertig gestellt sein wird, da das für die Anbindung erforderliche ESTW (Stellwerk) in der Nähe von Wendlingen erst in 2022 zur Verfügung stehen und in Betrieb genommen wird. So heißt es in der Antwort der DB auf eine Anfrage meinerseits.
Wie auch immer: Merklingen wird durch die vorgesehenen stündlichen IRE-Halte am neuen Bahnhalt attraktive Reisezeiten sowohl nach Stuttgart (ca. 30 Minuten), an den Flughafen (ca. 20 Minuten) und Ulm (ca. 10 Minuten) erhalten. Die Realisierung des neuen Bahnhofs erfolgt in bemerkenswerter, rekordverdächtiger Geschwindigkeit.