Der Bodenseeraum stellt einen bedeutenden Wirtschaftsstandort, eine beliebte Tourismusregion und einen wertvollen Naturraum dar (Foto: Vom Zug bei Überlingen aus aufgenommen). Aufgrund der kulturellen und sprachlichen Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz bestehen starke grenzüberschreitende Verflechtungen. Leistungsfähige, umweltfreundliche, öffentliche Verkehrsverbindungen sind daher für diese Region von besonderer Bedeutung. Für eine nachhaltige Entwicklung ist dabei ein besonderes Augenmerk auf die Schienenwege für die Gewährleistung der lokalen, regionalen aber auch überregionalen sowie grenzüberschreitenden Mobilität von Berufspendlern wie von Erholungsuchenden zu richten.
In den Tagen nach Ostern war ich für eine Mischung aus Urlaub und Bahnpolitik viel am Bodensee unterwegs. Ich habe Gespräche geführt mit Leuten, die am See wohnen und die Situation des Bahnverkehrs gut kennen.
Einer meiner Gesprächspartner: Der Landesvorsitzende von Pro Bahn, Stefan Buhl. Er lebt in Radolfzell.
Sie alle verstehen nicht, weshalb der Ausbau der Gäubahn (Stuttgart-Singen-Zürich) im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) nicht hoch priorisiert wurde. Diese wichtige Verbindung, für deren Beschleunigung eine vertragliche Verpflichtung gegenüber der Schweiz besteht, steht im Entwurf des BVWP unter der diffusen Sammeladresse „Vorhaben des Potentiellen Bedarfs, die in den Vordringlichen oder Weiteren Bedarf aufsteigen können.“ Und die Leute vor Ort verstehen nicht, weshalb die Elektrifizierung der Hochrheinbahn und der daran anschließenden Bodenseegürtelbahn (Basel-Radolfzell-Friedrichshafen) im BVWP völlig fehlt.
Erfreulich in Sachen BVWP ist aus Sicht der Bodenseeregion hingegen, dass die Elektrifizierung der Südbahn (Ulm-Friedrichshafen) und der daran anschließenden östlichen Bodenseegürtelbahn bis Lindau vorgesehen ist. An den Kosten beteiligt sich das Land Baden-Württemberg freiwillig. Der Finanzierungsvertrag hierfür wurde kürzlich nach langem Drängen des Landes unterzeichnet. Außerdem für den Vordringlichen Bedarf vorgesehen ist die abschnittsweise Ertüchtigung der Südbahn auf die Maximalgeschwindigkeit von 160 Stundenkilometer. Dies und die Elektrifizierung mit dem dadurch entfallenden Lokwechsel in Ulm wird die Fahrtzeit zwischen Stuttgart und Friedrichshafen bzw. Lindau verkürzen und die Fahrt mit der Bahn attraktiver machen.
Ein nach wie vor ungelöstes Problem ist, dass die meisten Bahnhöfe und Haltepunkte entlang der Strecke nach Konstanz und der Bodenseegürtelbahn (Radolfzell-Friedrichshafen-Lindau) nicht barrierefrei sind. Das Foto links zeigt den maroden “Zugang” zum ebenso maroden Bahnsteig in Lindau-Aeschach. Es ist lt. Auskunft der Bundesregierung – anders als bspw. für die Stationen Mühlhausen, Reichenau und Hegne (Landkreis Konstanz) – keine Sanierung vorgesehen. Die Situation ist aber unhaltbar!
Das Bild rechts zeigt den erschwerten Zustieg in die Regionalbahn in Nonnenhorn, weil der Bahnsteig viel zu niedrig ist.
Diese Beispiele zeigen, dass zu große Teile der Politik dem Schienenverkehr und der barrierefreien Mobilität nicht die notwendige Priorität beimessen.