28.03.2017
Förderprogramm für barrierefreie Kleinbahnhöfe für bayerische Selbstbedienung missbraucht – Programm sollte unter fairen Bedingungen fortgeführt werden
Kürzlich wurde die zweite Tranche des Förderprogramms zur Barrierefreiheit veröffentlicht.
Die aktuelle Auswahl von 25 Kleinbahnhöfen, die in den nächsten Jahren barrierefrei umgebaut werden sollen, zeigt wieder einmal die unverfrorene bayerische Selbstbedienungsmentalität von Bundesverkehrsminister Dobrindt. Von den rund 17,5 Millionen Euro an Bundesmitteln fließt über ein Drittel nach Bayern. Dobrindt hat einmal mehr vergessen, dass er Bundes- und nicht Landesminister ist.
Unabhängig davon ist offensichtlich, dass das derzeitige Förderprogramm nicht im Ansatz reichen wird, um dem hohen Investitionsbedarf gerecht zu werden. Es braucht mehr politischen Ehrgeiz, um die Mobilitätsbedingungen umfassend und spürbar zu verbessern. Die Bahn muss möglichst schnell dahin kommen, dass auch mobilitätsbeeinträchtigte Kunden selbstständig und ohne lange Voranmeldungen spontan mit dem Zug fahren können. In Anbetracht der wenigen Stationen, die vom Förderprogramm bisher profitieren, kann auch auf absehbare Zeit von einer barrierefreien Bahn leider keine Rede sein. Bereits ein nicht barrierefreier Punkt innerhalb der Reisekette macht vielen Menschen mit Behinderung die gesamte Fahrt unmöglich und erschwert sie auch für Menschen mit Kinderwagen, viel Gepäck und Fahrrädern. Daher schlage ich ein unbürokratisches Förderprogramm vor, mit dem über fünf Jahre in Folge jeweils 80 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden und auch Stationen mit mehr als 1000 Fahrgästen am Tag barrierefrei umgebaut werden können.
Im letzten Jahr wurde von der Bundesregierung ein Förderprogramm zur barrierefreien Sanierung von Kleinbahnhöfen aufgelegt. Dieses umfasst einmalig Bundesmittel in Höhe von 80 Millionen Euro. Nachdem im letzten Jahr nicht alle Anträge fertig geprüft waren, erfolgte nun die Bekanntgabe weiterer 25 Kleinbahnhöfe, die in den kommenden Jahren barrierefrei umgebaut werden sollen.
Bundesweit gibt es rund 5.400 Bahnhöfe. Davon werden 3.500 von weniger als 1.000 Reisenden frequentiert. 394 dieser Kleinbahnhöfe befinden sich in Baden-Württemberg, von denen viele nicht barrierefrei sind. Sie verfügen über keine stufenfreien Zugänge zu den Bahnsteigen oder die Bahnsteige sind zu niedrig, um einen höhengleichen Zu- und Ausstieg zu ermöglichen. Blindenleitsysteme sind bei Bahnhöfen dieser Größenordnung die Ausnahme.
Baden-Württemberg hingegen bekommt für seine drei genehmigten Projekte insgesamt rund 2,5 Millionen Euro und damit weniger Geld, als alleine der Bahnhof in Gersthofen. Dieser ist eine von sechs bayerischen Bahnstationen und erhält alleine 3 Millionen Euro, wie die Bundesregierung auf Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel und Markus Tressel mitteilte.