Bild oben: Entlang der zukünftigen Trasse vielerorts zu sehen: Baustelleneinrichtung und frei geräumte Baufelder. Die Bilder entstanden Mitte August 2023.
22.08.2023
Zusätzliche Fahrgäste zu gewinnen
Die bauvorbereitenden Maßnahmen sind teils bereits seit Monaten zu erkennen. Jetzt geht es „richtig“ los mit den eigentlichen Bautätigkeiten. Es geht um eine 3,9 Kilometer lange Strecke vom bisherigen Endhaltepunkt in Filderstadt-Bernhausen mit Zwischenhalt in Filderstadt-Sielmingen nach Neuhausen auf den Fildern.
Zunächst wird die Strecke im Tunnel, der in offener Bauweise errichtet wird, bis über die Mündung Nürtinger Straße geführt. Mit der Station „Sielmingen“ sowie auf Höhe der Firma Thyssen wird die Trasse nochmal in Troglage gebracht. In Neuhausen wird sich zukünftig die neue Endhaltestelle mit Busbahnhof befinden. Geplant und gebaut wird das Projekt von den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB). Vorgesehen ist tagsüber ein Viertel- und in Tagesrandlagen ein Halbstundentakt. Es werden täglich 5.200 Fahrgäste zwischen Bernhausen und Sielmingen und 2.900 zwischen Sielmingen und Neuhausen erwartet. Die Inbetriebnahme ist für Ende 2027 vorgesehen. Dann wird übrigens die Linie S 3 und nicht mehr wie bisher die Linie S 2 auf die westlichen Filder fahren.
Hier noch einige Antworten auf immer wieder gestellte Fragen:
Weshalb planen und bauen die SSB und nicht die Deutsche Bahn?
Das hat sowohl historische als auch rechtliche bzw. finanzielle Gründe: Die S‑Bahn nach Neuhausen stellt formal die Verlängerung der bereits fertiggestellten Stadtbahn an den Flughafen dar. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis war als eine zusammenhängende Verbindung errechnet worden. Die Stadtbahn zum Flughafen trägt zur Wirtschaftlichkeit und damit zur Förderfähigkeit des Gesamtprojektes bei.
Ist die S‑Bahn nach Neuhausen wirtschaftlich?
Ja. Dies wurde vor dem Baubeginn nochmal überprüft. Kostensteigerungen, die auf Preissteigerungen beruhen, sind nach der Bewertungsmethodik neutral, da zugleich der Nutzen in vergleichbarem Umfang steigt.
Weshalb wird die S‑Bahn nicht nach Reutlingen/Tübingen gebaut?
Im Auftrag des Verband Region Stuttgart als Aufgabenträger wurde dies überprüft und in der Untersuchung „Zukunft des Schienenverkehrs in der Region Stuttgart 2013/2014“ dargelegt. Es wurden zwei Trassenvarianten untersucht, die beide zweigleisig im Tunnel unter dem Flughafen von der bestehenden Trasse nach Filderstadt in südliche Richtung abzweigen und bis Gniebel identisch verlaufen. Variante 1 würde vor der Station Tü-Lustnau auf die Neckar-Alb-Bahn münden und zuvor Plattenhardt/Bonlanden, Aich, Schlaitdorf, Häslach, Walddorf, Gniebel und Rübgarten anbinden. Variante 2 würde weiter östlich verlaufen und statt Rübgarten Altenburg anbinden.
Die Investitionskosten würden jeweils bei 1,2 Mrd. € liegen. Es würden etwa 8,5 bzw. 6,6 km im Tunnel und 6 bzw. 8,3 km auf Talbrücken verlaufen. Die hohen Baukosten bei gleichzeitiger Erschließung von fast ausschließlich kleinen Orten noch dazu meist in Ortsrandlage haben dazu geführt, dass erst gar kein Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) ermittelt wurde und die Idee nicht weiter verfolgt wurde.
Ergänzungen durch Matthias Gastel: Mit „Stuttgart21“ wird eine Schienenverbindung von Tübingen/Reutlingen (über Nürtingen und die „große Wendlinger Kurve“ sowie die Neubaustrecke) an den Flughafen hergestellt. Von Tübingen benötigen die Züge voraussichtlich 38 Minuten zum Flughafen, von Nürtingen 11 Minuten (Quelle: Entwurf für den 3. Zielfahrplan des Deutschlandtaktes). Mit dieser neuen und schnellen Verbindung wird ein Großteil des Fahrgastpotentials abgegriffen und eine zweite Schienenverbindung kann sich nicht zusätzlich als wirtschaftlich erweisen.