Wie weit ist der Fernbusmarkt in Sachen Barrierefreiheit?
05.07.2016
Bild von links: Ulf‑D. Schwarz vom Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e. V. (BSK), Matthias Gastel MdB, Ulrike Boppel (BSK) und Michael Svedek von Postbus. Es fehlen auf dem Bild Karsten Burde und André Stadthaus von der Busbahnhofs-Betreibergesellschaft sowie Kai Neumann vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo)
Kürzlich traf ich mich mit Entscheidungsträgern und Verbänden am Fernbusbahnhof in Berlin, um vor Ort über die Barrierefreiheit im Bereich der Fernbusse zu sprechen.
Der Gesetzgeber hat bei der Liberalisierung des Fernbusmarktes zum Jahr 2013 klare Vorgaben gemacht. Demnach müssen alle seit Jahresbeginn 2016 neu in Betrieb genommenen Fernbusse über mindestens zwei rollstuhlgerechte Plätze und den entsprechenden Zugang verfügen. Ab 2019 müssen alle Fernbusse diese Merkmale aufweisen. Die gebaute Infrastruktur hinkt dem in der Praxis häufig hinterher. Berlins Fernbusbahnhof, mit jährlich fünf bis sechs Millionen Fahrgästen und weiter leicht steigender Tendenz der größte in Deutschland, wird auch deshalb neu gebaut. In drei Etappen soll bis in drei Jahren alles barrierefrei sein: Gebäude, Zuwege sowie Bussteige. Die Informationssysteme werden dem zwei-Sinne-Prinzip (optische Anzeige plus Durchsagen) folgen. Die Anzahl der Haltepositionen soll von heute 27 auf 33 erweitert werden.
Das Unternehmen Postbus ist mit derzeit 100 Bussen eines der größeren auf dem Markt. Fünf der Busse erfüllen bereits die neuen Vorgaben und sind mit zwei rollstuhlgerechten Plätzen ausgestattet. Postbus wies in dem Gespräch auf ein Problem hin: „Mit der Sicherung der Rollstühle und der darin sitzenden Personen werden unsere Fahrer angesichts fehlender Standards alleine gelassen.“ Zum Hintergrund: Im Bus-Fernverkehr gilt – anders als im Linienverkehr des öffentlichen Nahverkehrs – die Anschnallpflicht. Der Rollstuhl und der darin sitzende Fahrgast müssen gesichert werden. Viele Rollstühle weisen aber nicht die dafür erforderliche Stabilität auf. Aber die Busfahrer können dies nicht einschätzen, da es keine Kennzeichnungen der Rollstühle gibt. Hierzu habe ich vielfach Anfragen an die Bundesregierung gerichtet, die Unklarheiten jedoch leugnet.
Noch einige Informationen zum Busbahnhof: Die Fernbusunternehmen müssen für die Nutzung des Bahnhofes Gebühren von netto 10,92 Euro pro Halt bezahlen. Unternehmen, die viele Busse einsetzen, erhalten einen Rabatt. Der Busbahnhofbetreiber muss aber leider immer wieder feststellen, dass einige Fahrer ihre Fahrgäste vor dem Bahnhof ein- und aussteigen lassen, um sich bzw. ihrem Unternehmen die Gebühren zu sparen. Die Stadt ist offenbar nicht willens oder in der Lage, dies durch Kontrollen zu unterbinden.