31.08.2015
Kürzlich habe ich einen der kleineren Regionalflughäfen in Baden-Württemberg, nämlich den Flughafen Friedrichshafen GmbH, besucht. Ich führte ein Gespräch mit dem neuen Geschäftsführer Claus-Dieter Wehr.
Geschichte und Struktur des Flughafens Friedrichshafen
Fertiggestellt im Jahr 1913, klassifiziert dieser als Regionalflughafen. Gesellschafter sind die Stadt Friedrichshafen und der Bodenseekreis mit jeweils 27 Prozent Anteil. Das Land hält 12 Prozent und die ZF Friedrichshafen AG 9 Prozent. Die restlichen Anteile befinden sich im Besitz weiterer Unternehmen und der IHK
Der Regionalflughafen wird u. a. angeflogen von Airberlin, Lufthansa, British Airways, Turkish Airlines, Easy Jet.
Verkehrliche Bedeutung
Mit jährlich 42.000 Flugbewegungen werden 600.000 Fluggäste – überwiegend TouristInnen – befördert. Damit rangiert Friedrichshafen hinter Karlsruhe/Baden-Baden (eine Millionen Fluggäste) und Memmingen (750.000 Fluggäste). Zum Vergleich: Ab Stuttgart fliegen rund 10 Millionen Menschen (dieser Wert stagniert seit Jahren). Die Kapazität wird auf etwa eine Millionen Fluggäste geschätzt. Mit einem Volumen von sechs Tonnen jährlich hat die Fracht keinerlei Bedeutung.
Das Einzugsgebiet umfasst die Region bis kurz vor Konstanz auf der einen und bis hinein nach Vorarlberg auf der anderen Bodenseeseite. Nach Norden reicht das Einzugsgebiet wegen der Nähe zum Regionalflughafen Memmingen nur bis nach Biberach. Innerdeutsche Ziele sind Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln und Frankfurt. Einige Ziele werden mit Zwischenlandung in Memmingen angeflogen, was die Attraktivität der Flugangebote mindert. Auch internationale Drehkreuze wie Istanbul und klassische Ferienziele wie Mallorca werden angeflogen. Der Geschäftsführer hofft auf neue Ziele wie Amsterdam, Paris und London.
Lärmgesichtspunkte
Obwohl der Flugbetrieb auf die Betriebszeit von 6–22 Uhr und an Wochenenden auf 9–20 Uhr beschränkt ist, gibt es wegen der Nähe der Wohnbebauung regelmäßige Beschwerden und auch eine Bürgerinitiative, die sich für bessere Lärmschutzstandards einsetzt. Am Flughafen gibt es lärmabhängige Start- und Landegebühren, die möglicherweise stärker gespreizt werden könnten.
Weitete Umweltaspekte
Als erster Regionalflughafen Deutschlands wurde Friedrichshafen im Jahr 2003 nach der EG-Öko-Audit-Verordnung zertifiziert. Einen regelmäßigen Umwelt- oder Nachhaltigkeitsbericht wie am Landesflughafen gibt es nicht.
Die Anreise der Fluggäste erfolgt zu 80 bis 85 Prozent mit dem Auto – obwohl der Flughafen über einen Regionalbahnhof verfügt.
Blick in die Zukunft
Die EU zieht die Zügel in Sachen Regionalflughäfen an. Die Möglichkeiten, diese aus Steuergeldern zu subventionieren, werden künftig deutlich eingeschränkt. Wir Grünen unterstützen dies nachdrücklich. Der Luftverkehr als die klimaschädlichste Form der Mobilität muss nicht auch noch aus regionalen Egoismen heraus subventioniert werden! Der Regionalflughafen Friedrichshafen schreibt im operativen Geschäft schwarze Zahlen. In der Gesamtbilanz des vergangenen Jahres ergab sich ein Minus von rund einer halben Millionen Euro, die von den Gesellschaftern zu tragen sind. Auswirkungen der EU-Politik auf die Zukunft des Regionalflughafens werden nicht befürchtet.
Mit gewissen Sorgen wird aber dennoch in die Zukunft geschaut. Denn es stehen Investitionen an, vor allem in den Tower. Für die Beschäftigten der regionalen Flughafengesellschaft werden erstmals Tarifverträge abgeschlossen, was gut und dringend notwendig ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Gesellschaft aber ebenfalls zusätzlich belasten wird. Und dann werden Auswirkungen durch Stuttgart 21 und eine ausgebaute Südbahn (Friedrichshafen – Ulm) nicht gänzlich ausgeschlossen. Denn durch die schnellere Erreichbarkeit des Landesflughafens über die elektrifizierte Südbahn unter Wegfall eines Lokwechsels in Ulm sowie die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm wird sich der Einzugsbereich des Landesflughafens vergrößern. Die Flughafengesellschaft Stuttgart begründete ihre finanzielle Beteiligung am umstrittenen Bahnprojekt damit, dass sie durch den besseren Schienenanschluss 1,2 bis 1,5 Millionen zusätzliche Fluggäste gewinnen würde. Dieser Zugewinn kann nur zu Lasten anderer Flughäfen gehen.