Mit Geschäftsführung Klimaschutz diskutiert
Der Landesflughafen Stuttgart befindet sich in großen Teilen auf der Gemarkung meines Wohnortes und begleitet mich schon mein (kommunal-)politisches Leben lang. Der Flughafen bietet einerseits in seinem Umfeld viele Arbeitsplätze. Andererseits beansprucht er große Flächen und produziert Lärm und Verkehr. Zunehmend rückt auch die hohe Klimawirksamkeit des wachsenden Flugverkehrs in den Fokus.
Wie bereits in den Vorjahren habe ich auch den aktuellen Nachhaltigkeitsbericht der Flughafengesellschaft (FSG) ausführlich gelesen und in einem Brief an die Flughafen-Geschäftsführung kommentiert. Hier mein Brief zum Nachlesen: https://www.matthias-gastel.de/auch-am-flughafen-stuttgart-mehr-umweltengagement-moeglich/#.XZrPoegzZPY Der Bericht und meine Bewertung waren denn auch ein Schwerpunkt unseres Gespräches, zu dem ich von meiner Kollegin Anna Deparnay-Grunenberg aus dem Europaparlament begleitet worden war. Ich lobte einige durchaus positive Bemühungen der Flughafengesellschaft, so beispielsweise in Sachen „Ökostrom“, Bodenstromversorgung und E‑Mobilität im Bodenverkehr. Für falsch, das habe ich immer wieder gesagt, halte ich die Wachstumsorientierung im Flugverkehr.
Wir sprachen über den Lärmschutz, das Zustandekommen der Flugrouten (die von der Dt. Flugsicherung festgelegt werden) und das betriebliche Mobilitätsmanagement (Ausweitung des Firmenticket geplant, Dienstfahrräder werden gerade geprüft). Ein Schwerpunkt war die gezielte Förderung von E‑Fuels, also synthetischem Kraftstoff, der mit Strom hergestellt wird. Die seit Juli geltenden neuen Startgebühren sehen vor, dass Flüge, die mit E‑Fuels stattfinden (als Beimischung zum fossilen Kerosin) mit 300 Euro gefördert werden. Die niederländische Fluggesellschaft KLM fliegt auf ausgewählten Strecken bereits mit diesem Alternativkraftstoff, der – je nach Herkunft des Stroms – als klimaneutral gilt und auch bei den Schadstoffemissionen vorteilhaft ist. Noch konnte allerdings kein Flug gefördert werden. Die E‑Fuels stecken noch in den Anfängen, da die verfügbaren Mengen extrem gering und sehr teuer (Faktor 5 bis 10 gegenüber fossilem Kerosin) sind. Strombasierte Kraftstoffe sehen auch Umweltverbände wie Greenpeace als einzig denkbaren Weg in Richtung einer CO2-neutralen Luftfahrt. Völlig offen ist aber, ab wann, zu welchem Preis und in welcher Menge diese alternativen Kraftstoffe zur Verfügung stehen werden.
Dass Fliegen zumindest teilweise zu billig ist, darin waren wir uns einig. Einer der beiden Flughafen-Geschäftsführer der FSG, Walter Schoefer, hatte jüngst in einem Zeitungsinterview gesagt, extreme Niedrigpreise bei Flugtickets würden ein schlechtes Licht auf die gesamte Branche werfen. Im Gespräch verwies er auf Berechnungen, wonach ein Flug nach Mallorca beispielsweise rein betriebswirtschaftlich (also ohne externe Kosten) 25.000 Euro kosten müsste. Pro Sitzplatz könnte sich daraus ein Betrag von 150 Euro ergeben.
Exkurs:
Selbstverständlich muss in Sachen „Klimaschutz und Flugverkehr“ global, mindestens aber europäisch gehandelt werden. Hierzu gehört, dass der Flugverkehr vollständig in den Emissionshandel einbezogen wird und sämtliche Subventionen gestrichen werden (Mehrwertsteuerbefreiung auf Flugtickets, Förderung von Regionalflughäfen etc.). Das weltweite sektorspezifische Klimaprogramm „CORSIA“ kann noch einmal als winziger Anfang bezeichnet werden. Denn es setzt lediglich bei den ab dem Jahr 2020 zusätzlich entstehenden Emissionen an. Dies bedeutet, dass die „Sockelemissionswerte“, die es bereits zuvor gab, nicht angegangen werden. Für das Wachstum gibt es außerdem keinerlei Begrenzung oder Reduzierung, sondern es müssen lediglich Ausgleichsmaßnahmen bezahlt werden. Die Aussage des Luftfahrtverbandes BDL, wonach der „internationale Luftverkehr ab 2021 klimaneutral wächst“ (Die Welt v. 17.08.2019) muss also mit einem fetten Fragezeichen versehen werden. Einer der Kritikpunkte: Ausgleichsprojekte verschärfen Landnutzungskonflikte.
Nach dem Gespräch mit der Flughafen-Geschäftsführung bekamen Anna Deparnay-Grunenberg und ich auf dem Rollfeld die Flotte von 16 Vorfeldbussen zu sehen, die (wie auch alle 25 Gepäckschlepper) komplett auf E‑Antriebe umgestellt wurden. Auf die Lithium-Ionen-Batterien gibt es acht Jahre Herstellergarantie (Toshiba), tatsächlich sollen sie aber 15 Jahre in Nutzung bleiben. Damit werden gegenüber den früheren Dieselfahrzeugen Emissionen und Kosten eingespart. Für die Menschen, die auf dem Rollfeld arbeiten, bedeuten die E‑Antriebe geringere Lärm- und Abgasbelastungen.