Reaktivierung in vollem Gange
Im Jahr 1983 fuhr der letzte Personenzug. 12 Jahre später wurde die Strecke stillgelegt. Nun wird daran gearbeitet, dass zwischen Weil der Stadt und Calw bald wieder Mobilität auf der Schiene möglich wird. Ich habe mir die Baustelle angeschaut.
Rund 20 Kilometer liegen zwischen dem Ort im Landkreis Böblingen, gelegen am Ende des Stuttgarter S‑Bahn-Netzes und dem Städtchen im Schwarzwald. 1872 war die Hermann-Hesse-Bahn, auch als „Schwarzwaldbahn“ bezeichnet, erstmals in Betrieb genommen worden. Nach einem langen Streit um die Reaktivierung der stillgelegten, aber nicht entwidmeten Strecke, und mögliche Betriebskonzepte sowie Fledermäuse in einem alten Tunnel dürfte es, wenn alles gut geht, Ende 2023 wieder so weit sein. Doch die Strecke, ausgelegt auf eine Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometer, wird nicht überall ihrem historischen Verlauf folgen. Gebaut wird ein 498 Meter langer, eingleisiger Tunnel durch den Hackberg, wodurch sich die Streckenlänge um rund drei Kilometer verkürzt und vier Minuten an Fahrzeit eingespart werden. Mit meinem Fraktionskollegen Tobias Bacherle habe ich die Tunnelbaustelle besichtigt und mir die Baumaßnahmen von den Fachleuten vor Ort ausführlich erläutern lassen. Die eingleisige Strecke erhält auf einem Abschnitt von 1,8 Kilometer zwischen Ostelsheim und dem Hackberg ein zweites Gleis. Dieser Begegnungsabschnitt ermöglicht einen Halbstundentakt. Gefahren werden wird auf der nicht elektrifizierten Strecke (Vorkehrungen für eine eventuelle Elektrifizierung wurden getroffen) mit Akkutriebfahrzeugen Mireo von Siemens. Diese werden in Krefeld bereits produziert. Für die Hesse-Bahn sind drei Fahrzeuge vorgesehen. Die Bestellung ist jedoch weitaus größer, da auch auf andere Strecken auf dieses Modell gesetzt wird. Gefahren werden soll auf der Hesse-Bahn in Einfachtraktion mit 120 Plätzen. Da zwischen Weil der Stadt und Renningen unter der Oberleitung geladen werden kann, ist eine gesonderte Ladeinfrastruktur nicht zwingend erforderlich. In Calw wird zur Sicherheit vermutlich eine zweite Ladeoption geschaffen. Zwischen Calw Bahnhof und Weil der Stadt sind Haltepunkte in Calw-Heumaden, Althengstett und Ostelsheim (demnächst) im Bau.
Weitere Angaben in Stichworten:
- Der Tunnelbau erfolgt(e) durch Sprengungen und Baggerbiss
- Am Tag unseres Tunnelbesuchs haben noch etwa 20 Meter zum Durchbruch gefehlt
- Steigung im Tunnel 40 Promille
- Diese Steigung, aber auch Streckenmerkmale im umliegenden Netz, machen die Hesse-Bahn für Güterverkehr untauglich
- Einige der ursprünglichen Stahlbrücken konnten nach Sanierung wieder aufgebaut werden
- Für den nicht mehr benötigten Streckenabschnitt um den Hackberg herum gibt es noch keine Entscheidung
- In Calw wird die Möglichkeit geschaffen, die Akkus der Fahrzeuge zu laden
- Der nachträgliche Bau von Oberleitungen ist überall möglich, auch in den Tunneln
- Es steht noch eine Plangenehmigung aus, die zeitkritisch werden könnte