13.09.2021
Gespräche mit Herstellern und Zulieferern
Neben der Verkehrsvermeidung, der Verkehrsverlagerung auf Bus, Bahn und Fahrrad stellt die Transformation der Automobilwirtschaft die dritte Säule der Verkehrswende dar. Auf den Verkehrsbereich kommt es für das Erreichen der Klimaziele besonders an, da hier die Treibhausgasemissionen steigen statt zu sinken. Wir wollen diesen Umbauprozess als Grüne aktiv mitgestalten und stehen hierfür im intensiven Dialog mit Herstellern und Zulieferern der Automobilbranche. Uns geht es darum, die Klimaziele vor dem Jahr 2050 zu erreichen, die Mobilität der Menschen nachhaltig zu sichern und dabei auch die Arbeitsplatzeffekte im Blick zu behalten.
Daher war es für mich klar, dass ich mir trotz vollem (Wahlkampf)Kalenders Zeit nehmen wollte für einen Besuch auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA). Die Messe fand erstmals in München und mit verändertem Konzept statt. Da die Besuche an den einzelnen Messeständen vorab vereinbart wurden, ich vorbereitet war und ich von einem ortskundigen Mitarbeiter des Veranstalters begleitet wurde, konnte ich innerhalb einiger Stunden viele Gespräche führen. Bei Mahle sprachen wir über die Entwicklung von Elektromotoren und das Thermomanagement für Batterien. Das Unternehmen hat schon Beachtliches geleistet, um seine Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor zu verringern und sich in den Zukunftsfeldern aufzustellen. Continental entwickelt den Reifen „GreenConcept, der zu etwa mehr als der Hälfte aus nachwachsenden Rohstoffen (Löwenzahn) und Recyclingmaterial (u. a. Polyester aus PET-Flaschen) besteht. Der Reifen ist leichter als Vergleichsmodelle und weist einen um 25 Prozent verringerten Rollwiderstand auf. Bei E‑Autos verlängert sich die Reichweite dadurch um bis zu sechs Prozent (wie nahezu alle Angaben hier: Herstellerangaben!). Wir sprachen dort auch über Technologien zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. So kann ein System erkennen, wenn die/der Fahrer*in stark übermüdet ist oder gesundheitliche Probleme hat. Das Start-Up ChargeX entwickelt die Möglichkeit, an eine 11 kW-Leitung mehrere Lademodule anzuschließen. So können mit einem Anschluss und einer intelligenten Steuerung mehrere Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden, ohne das Netz zu überlasten oder hohe Investitionen tätigen zu müssen. Das integrierte Ladesystem analysiert den Reichweitenbedarf der Nutzenden und verteilt die Energie entsprechend. Auch das erst eineinhalb Jahre alte Start-Up HeyCharge hat sich auf die Verbesserung der Ladeinfrastruktur spezialisiert. Bei Volkswagen schaute ich mir das Konzeptfahrzeug „ID.Life“ aus der unteren Kompaktklasse an, das für um die 20.000 Euro im Jahr 2025 auf den Markt kommen soll. Zum Einsatz kommen sollen Recyclingmaterialien und es soll auch eine Variante mit PV-Modulen auf dem Dach geben. Die Produktion der Autos mit einer Reichweite von voraussichtlich 400 Kilometer ist in Spanien vorgesehen. Daimler, inzwischen mit klarer E‑Strategie („Electric only“, keine Weiterentwicklung mehr von Verbrennern) auf Zukunftskurs, präsentierte den EQE (Reichweite bis zu 780 Kilometer) und wir sprachen über den Einsatz von Recycling-Material in den neuen Fahrzeugen. Erstmals dabei auf der neu konzipierten IAA sind Fahrradhersteller wie Bergamont, eine urbane Marke. Angeboten werden größere und kleinere Lastenräder, Falträder für die Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Rennräder. Mit Audi sprach ich vor allem über die Reduzierung der CO 2‑Emissionen in der Produktion und in der Lieferkette. Schließlich besuchte ich noch den Messestand von Porsche. Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent der neu verkauften Fahrzeuge rein elektrisch angetrieben werden. Der Absatz läuft gut. Die Nachfrage nach E‑Fahrzeugen belehre die Skeptiker dieser Strategie eines Besseren. In Stuttgart seien für den Taycan 2.500 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Das Unternehmen baut zusammen mit Siemens im windreichen Süden von Chile eine Fabrik für E‑Fuels. Begonnen werden soll mit einer Jahresproduktion von 55 Millionen Liter. 2026 sollen es bereits 550 Millionen Liter sein. Der Literpreis soll anfangs bei 8,50 und später dann bei 1,70 Euro bis 2,50 Euro liegen (vor Steuern/Abgaben; es liegen unterschiedliche Prognosewerte vor). Porsche sagt, dass 70 Prozent seiner jemals produzierten Fahrzeuge noch fahren würden. Für diese Bestandsfahrzeuge wollen man die E‑Fuels zur Verfügung stellen. Dies stelle keinesfalls eine Hintertür für die weitere Produktion von Verbrenner-Fahrzeugen dar.
Mein Fazit: Es ist vieles im positiven Sinne in Bewegung gekommen. Weltweit steigt die Nachfrage nach batterieelektrisch angetriebenen Pkw. Unsere deutschen Hersteller und Zulieferer, die stark vom Export abhängig sind, sind hierfür inzwischen gut aufgestellt. Das ist auch für die Arbeitsplätze extrem wichtig. Die Aufgaben für die Politik liegen nun darin, den Ausbau der Ladeinfrastruktur und der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Außerdem müssen die Bus- und Bahnangebote auch in den ländlichen Räumen verbessert werden und eine sichere, attraktive Radverkehrs-Infrastruktur geschaffen werden. So bleiben wir alle mobil und senken die Belastungen für Mensch und Umwelt.