03.08.2016
In der vergangenen Woche war ich bei mehreren Unternehmen, die auf ihre Weise den Radverkehr voranbringen. Hier eine Übersicht:
Der Logistikdienstleister Velocarrier in Stuttgart liefert die Waren seiner überwiegend gewerblichen und teilweise auch privaten Kunden im gesamten Stadtgebiet mit Lastenrädern aus. Neben der Zentrale in Stuttgart-West gibt es Depots für den Warenumschlag in Degerloch, Cannstatt und Zuffenhausen. 12 Lastenräder, die in zwei Ausführungen von der Radkutsche (Mössingen, Landkreis Tübingen) gebaut wurden, stehen momentan zur Verfügung. Kunden sind Blumenhändler, Modegeschäfte, Elektrofachgeschäfte und weitere Firmen. Der Lebensmittelmarkt ist wegen der durchgehend zu gewährleistenden Kühlkette schwieriger zu bedienen, soll aber noch in Angriff genommen werden. Bei Bosch in Feuerbach wird die Werkslogistik mit Lastenrädern unterstützt. Für längere Strecken, die aus dem Stadtgebiet hinaus führen, wird mit der DPD kooperiert. Standorte von Velocarrier gibt es auch u. a. in Tübingen und Esslingen. Weitere sind bundesweit geplant. Das Unternehmen ist seit 20 Jahren am Markt, wenngleich ursprünglich mit Lkw und vermutlich noch unter anderem Namen. Mitte 2014 stieg es auf Lastenräder um. Als Probleme schildert der Geschäftsführer neben einzelnen Mängeln in der Radverkehrs-Infrastruktur die Beschränkung der Leistung von E‑Bikes auf 250 Watt.
Ebenfalls in Stuttgart ansässig ist die Firma E‑Bike Schahl. Das von außen unscheinbare Unternehmen ist zunächst mal ein Händler und eine Reparaturwerkstatt für E‑Bikes (überwiegend Pedelecs). Die Besonderheit ist aber, dass das Unternehmen aktiv auf andere Unternehmen zugeht, um diese für Radprojekte zu gewinnen. So hat es inzwischen die Wartung von 600 Fahrrädern für die betriebliche Mobilität gewonnen. Es handelt sich um die Dienstfahrräder von Arbeitnehmern, die diese von ihren kleinen bis mittelständischen Arbeitgebern zur Verfügung gestellt bekommen haben. Hintergrund: Vor einigen Jahren wurden Dienstfahrräder mit Geschäftswagen steuerlich gleich gestellt. Daraus entwickeln sich neue Dienstleistungen rund ums Fahrrad. Gewartet werden außerdem die Lastenräder eines Essenslieferdienstes und eines Postdienstleisters. Die Idee von Schahl, auch Stuttgarter Hotels Fahrradflotten zum Verleih an die Gäste bereit zu stellen, ist bislang hingegen (noch) nicht von Erfolg gekrönt worden. Stuttgart ist eben nach wie vor nicht das einfachste Pflaster für mehr Radverkehr …
Sich noch entwickeln muss auch der Pedelec-Verleih in der Region Stuttgart. Dies wurde auch bei einem Besuch der neuen Pedelec-Verleih-Station am S‑Bahnhof in Filderstadt deutlich. Zwar waren die Verantwortlichen mit den ersten Erfahrungen recht zufrieden. Es gibt aber noch Luft nach oben. Der Blick auf andere Ballungsräume zeigt, dass ein dichtes Netz an Verleih- und Rückgabestellen den Verleih von Fahrrädern – ob mit oder ohne elektrische Unterstützung – so richtig in Gang bringen kann.
Schließlich habe ich mir noch das Modell “Freies Lastenrad Stuttgart” erläutern lassen. In Stuttgart können inzwischen an fünf Standorten Lastenräder ausgeliehen werden. Finanziert wurden diese, es handelt sich überwiegend um Lasten-Pedelecs, durch Stiftungen und Spenden oder die Räder gehören Privatpersonen bzw. Firmen, die diese zum Verleih zur Verfügung stehen. Eine feste Entleihgebühr gibt es nicht, es wird aber um Spenden gebeten. Die Buchungen erfolgen immer für ganze Tage. Eine Umfrage unter den Nutzern bestätigt: Viele hätten, gäbe es dieses Angebot nicht, stattdessen das Auto genutzt. Vielen Dank für diese tolle Initiative, der ich mehr Nutzer und noch mehr Lastenräder und noch mehr Nutzer wünsche