Aus Berlin-Mitte ist die Fahrradstaffel der Polizei mittlerweile kaum mehr wegzudenken. Seit Juli 2014 sind die 20 PolizistInnen mit markant-gelben Warnwesten mittlerweile auf dem Rad im Einsatz. Das Pilotprojekt läuft noch bis Sommer 2017. Durch das Gespräch mit mehreren Beamten der Radstaffel konnte ich umfangreiche Einblicke in die bisherige Arbeit gewinnen und mich über Chancen und Probleme austauschen.
Nach Ansicht der Berliner Polizei hat die Staffel zu einem besseren Umgang zwischen Fußgänger‑, Radler- und AutofahrerInnen beigetragen und damit ihr Hauptziel erfüllt. Erfreulich ist aus Sicht der Polizei zudem, dass die Menschen auf der Straße überwiegend positiv auf die neue Einheit reagierten. Dies liegt nach Meinung der Polizei besonders daran, dass die Staffel RadfahrerInnen auf Augenhöhe begegnet und auch FußgängerInnen die RadpolizistInnen unkompliziert ansprechen können.
Ein Thema des Gesprächs war auch die kürzlich in verschiedenen Zeitungen geäußerte Kritik an den Arbeitsschwerpunkten der Radstaffel (u.a. Tagesspiegel vom 15. Juli: http://www.tagesspiegel.de/berlin/270–000-euro-bussgelder-in-berlin-fahrradpolizisten-stoppen-tausende-radfahrer-bei-rot/12055718.html). Der Kritik zufolge hat sich die Radstaffel im ersten Jahr zu stark auf die Kontrolle und Bestrafung von RadfahrerInnen konzentriert und Fehlverhalten von AutofahrerInnen vernachlässigt. Die Beamten der Radstaffel wiesen darauf hin, dass sie eine große Anzahl von alltäglichen Verkehrsproblemen ohne Verwarnungen und Bußgelder lösen. Daher sollte die Arbeit der Radstaffel nicht ausschließlich anhand von ausgestellten Bußgeldern bewertet werden. Zudem betonten die sie, dass es die primäre Aufgabe der Radstaffel sei, den Radverkehr zu überwachen. Demnach sei es nachvollziehbar, dass von der Radstaffel mehr Verwarnungen gegen Radfahrerende als gegen AutofahrerInnen ausgestellt wurden.
Höhere Bußgelder gegen Falschparken und Fahrradbeauftragter für Berlin
Angesprochen auf die Zupark-Probleme in Berlin stellte die Radstaffel fest, dass es laut StVO für die Polizei nicht so einfach ist, gegen Falschparker vorzugehen. Das Halten auf Schutzstreifen zum Be- und Entladen ist beispielsweise nach aktueller Rechtslage erlaubt und rechtfertigt weder Knöllchen noch Abschleppdienst. Einig waren sich die Beamten und ich darin, dass höhere Bußgelder zu weniger Falschparken führen würden. Derzeit ist Deutschland, was die Bußgelder für Falschparken angeht, EU-weit auf einem der letzten Plätze. Des Weiteren wurde beim Gespräch deutlich, dass die Bundespolitik gefordert ist, klare Regeln für neue Formen von E‑Mobilität zu definieren. E‑Boards und E‑Wheels sind nicht nur in der Hauptstadt auf dem Vormarsch, obwohl sie laut StVO im Straßenverkehr nicht erlaubt sind.
Meine persönliche Bilanz nach einem Jahr Fahrradstaffel in Berlin lautet: Die Einrichtung der Radstaffel war ein richtiger Schritt. Der Radverkehr nimmt in Berlin rasant zu, daher macht die Verkehrsüberwachung vom Rad aus viel Sinn. Über die Arbeitsschwerpunkte der Radstaffel muss ebenso weiter diskutiert werden wie über Möglichkeiten, um die Probleme des Autoverkehrs in der Stadt zu lösen. Auch bei verändertem Auftrag, kann jedoch nicht erwartet werden, dass die 20-köpfige Polizeieinheit allein die grundsätzlichen Probleme des Radverkehrs lösen kann. Hierfür bedarf es vor allem eines größeren politischen Willens. Die Schaffung eines Fahrradbeauftragten für Berlin wäre ein Schritt in die richtige Richtung.