18.06.2022
Bodensee bekommt erstes größeres E‑Solar-Schiff
Als Grüne wollen wir alle Verkehre, auch die Schifffahrt, auf nicht-fossile Antriebe umstellen. Die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) nehmen in diesen Tagen ihr erstes batterieelektrisches Schiff in Betrieb. Ich habe mir das Schiff schon mal in der Werft in Friedrichshafen vorstellen lassen.
Die BSB wollen “den Bodensee zur Modellregion für eine klimaneutrale Zukunft der Binnen-Fahrgastschifffahrt” machen, so heißt es auf deren Homepage. Das Schiff, das nach dem widerstandsarmen Katamaran-Prinzip in Leichtbauweise gebaut wurde, wird Platz für 300 Fahrgäste bieten. Die Schiffslänge liegt bei 33 und die maximale Breite bei neun Meter. Auf dem Vordeck gibt es die Möglichkeit zur Mitnahme von Fahrrädern, für die es eine deutlich gestiegene Nachfrage gibt. Dafür sind Fahrradständer vorgesehen, die so beschaffen sind, dass sich die Passagiere anlehnen können. Im unteren und auf dem oberen Deck sind zahlreiche Sitze befestigt. Die Barrierefreiheit wird gewährt, so gibt es unter anderem eine separate Toilette für bewegungseingeschränkte Fahrgäste. Das Schiff, das rund 3,3 Millionen Euro kosten wird, soll ab Juli im Dreiecksverkehr zwischen Uhldingen, Insel Mainau und Meersburg zum Einsatz kommen. Gebaut wurden die Teile für das Schiff in der Werft Ostseetaal in Stralsund, jedoch erst in Friedrichshafen zusammengesetzt und ausgestattet. Dabei waren bis zu 50 Arbeitskräfte gleichzeitig im Einsatz. Für die Werft an der Ostsee war dies ein besonderer Auftrag, da diese noch nie ein so großes batteriebetriebenes Schiff konstruiert und gebaut hat. Ein zweiter E‑Katamaran wird folgen, so dass die beiden gegenläufig fahren können. Die Katamarane befinden sich im gemeinsamen Eigentum der Städte Konstanz (Stadtwerke) und Friedrichshafen.
Auch ihre beiden noch fahrenden denkmalgeschützten Schiffe möchte die BSB dekarbonisieren. Womöglich wird dies mittels Methanol geschehen.
Einige Hintergrund-Informationen
Um weitgehend mit einer Batterieladung den ganztägigen Betrieb zu ermöglichen, fährt das Schiff mit reduzierter Geschwindigkeit, nämlich 15 Stundenkilometer statt mit bis zu 23 Stundenkilometer wie andere Schiffe. In der Mittagspause können die Akkus in Meersburg und Uhldingen nachgeladen werden, überwiegend wird aber nachts geladen. Für die batterieelektrischen Anriebe spricht deren hoher Wirkungsgrad, der seitens der Stadtwerke mit 70 bis 90 Prozent angegeben wird, während dieser bei synthetischen Kraftstoffen lediglich bei 15 bis 40 Prozent liegen würde. Man bräuchte für alternative Kraftstoffe also die doppelte bis fünffache Strommenge. 70 Prozent der Binnenschiffe in Deutschland fahren mit derart alten Verbrennungsmotoren, dass sie noch nicht einmal die schlechtesten Abgasnormen erfüllen. Die Stadtwerke arbeiten nach eigenen Aussagen an einem Landstrom-Konzept, so dass in den Häfen die Verbrenner-Schiffsmotoren ausgeschaltet werden können.
Die Solarmodule, die zugleich als die Überdachung auf dem Oberdeck dienen, haben eine Leistung von knapp 39 kWp. Hinzu kommen Module auf den Seiten des Schiffes. Bis zu 20 Prozent des Strombedarfs sollen aus der Kraft der Sonne gedeckt werden.
Im Winterhalbjahr, wenn das Schiff nicht fährt, wird es in Konstanz liegen und der Strom aus dem Solarkraftwerk mit seiner Leistung von knapp 39 kWp Leistung wird den Strom ins Netz einspeisen.
Schließlich noch ein Hinweis zum Naturschutz, den wir in den Gesprächen ebenfalls thematisiert haben: Neu Schiffe werden auf Grundlage von Simulationen gefertigt und dahingehend optimiert, dass sie weniger Wellen auslösen und somit in den Uferbereichen geringere Schäden verursachen.