Bund baut Anzahl der Diensträder ab statt auf
Mehr als die Hälfte aller Menschen in Deutschland haben einen Arbeitsweg von weniger als 10 Kilometern. Für diese Weglängen sind Fahrrad und Pedelec häufig die schnellsten Verkehrsmittel. Trotzdem fahren zwei Drittel der Deutschen mit dem Auto zur Arbeit und nur knapp jeder Zehnte mit dem Fahrrad. Das Potential für eine nachhaltigere, gesündere Mobilität im betrieblichen Kontext ist also vorhanden. Vorhanden ist auch ein wesentliches Förderinstrument: Seit 2012 gelten für Diensträder die gleichen steuerlichen Privilegien wie für Dienstwagen (1‑Prozent-Regelung). Große Unternehmen wie SAP Deutschland oder die Deutsche Bahn AG machen hiervon Gebrauch und bieten ihren Mitarbeiter*innen entsprechende Angebote an. Interessant sind aber auch die Angebote an Fahrrädern in Firmen und Behörden, mit denen Beschäftigte dienstliche Termine außerhalb des Arbeitsplatzes wahrnehmen können. So können auch diejenigen, die mit anderen Verkehrsmitteln angereist sind, für bestimmte Termine oder Anlässe auf Fahrräder zurückgreifen. Mit einer Kleinen Anfrage haben wir uns erkundigt, welche Chancen die Bundesregierung im Bereich des betrieblichen Mobilitätsmanagements sieht und welche Schritte sie unternommen hat und zu unternehmen plant, um eine nachhaltige Mobilität ihrer Bediensteten zu fördern. Die Antworten sind ernüchternd. Statt Fortschritten gibt es Rückschritte. So ist die Anzahl an Fahrrädern für die Beschäftigten in allen Ministerien seit dem Jahr 2013 (damals waren es noch 1.773 Räder) um sage und schreibe 85 Prozent zurück gegangen! Nur 0,9 Prozent der Mitarbeiter*innen können auf Fahrräder ihrer Dienststelle zurückgreifen. Auch im Verkehrsministerium wurde die Anzahl der Fahrräder reduziert – um knapp 40 Prozent. In zahlreichen Bundesbehörden gibt es überhaupt keine Fahrräder. So steht den über 6.000 Beschäftigten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kein einziges Fahrrad zur Verfügung (wohl aber 49 Autos). Die 1.500 Beschäftigten des Bundesverkehrsministeriums können auf gerade einmal 12 Fahrräder, aber auf 54 Autos zurückgreifen.
Außerdem: Der Bund möchte seinen Beschäftigten keine Anreize für die Nutzung des Fahrrades auf dem Weg zur Arbeit geben.
Mein Kommentar:
„Der massive Abbau von Dienstfahrrädern in den Bundesministerien ist symptomatisch für die Radpolitik der Bundesregierung. Es ist ein Armutszeugnis, dass in den Fuhrparks von über 20 Bundesbehörden kein einziges Fahrrad steht. Zukunftsvergessen ist es, dass die Bundesregierung neue Leasingangebote für Dienstfahrräder ihren Beschäftigten auch in Zukunft nicht ermöglichen will. Anstatt Vorreiter im Bereich nachhaltiger Mobilität zu sein, bleibt die Bundesregierung weit hinter immer mehr Unternehmen zurück. Das ist Politik von vorgestern auf Kosten von Beschäftigten und Klima.“