24.03.2017 (Presseerklärung)
Bund erwägt Fahrverbote für alle Dieselfahrzeuge
An mehr als der Hälfte aller verkehrsnahen Luftmessstellen in Deutschland werden die Stickoxidgrenzwerte überschritten. In Stuttgart trifft dies auf die Messstellen am Neckartor, in der Hohenheimer Straße, am Arnulf-Klett-Platz und der Waiblinger Straße zu. Im Stuttgarter Umland kommt es auch in Reutlingen, Ludwigsburg, Leonberg, Steinheim an der Murr und in Tübingen zu Überschreitungen des Jahresmittelwertes. Die Landesregierung hat zum Schutz der Gesundheit der Menschen für Stuttgart Fahrbeschränkungen beschlossen, die ab dem kommenden Jahr an Tagen mit hoher Luftbelastung auf bestimmten Straßenzügen gelten sollen. Derartige Regelungen können von den Ländern zwar eigenständig durchgesetzt werden, dann droht aber ein Flickenteppich an unterschiedlichen und komplizierten Regelungen in deutschen Städten. Viel einfacher wäre eine bundeseinheitliche Lösung. Daher setzen neben Baden-Württemberg auch andere Länder auf eine bundeseinheitliche Regelung mit Hilfe der blauen Plakette. Ein weiterer Vorteil der Plakettenlösung: Sie ist einfach zu kontrollieren. Doch der Bund ist sich uneinig, ob er diese Variante auf den Weg bringen will. Dies machte die Antwort der Bundesregierung auf Fragen des Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel (Grüne) deutlich. Der Abgeordnete aus Filderstadt, der dem Bundestags-Verkehrsausschuss angehört, hatte in seiner Anfrage darauf hingewiesen, dass die EU-Kommission in einem Mahnschreiben wegen der seit langem überschrittenen Grenzwerte die Plakette unterstützt. Antwort der Staatssekretärin Schwarzelühr-Sutter aus dem Bundes-Umweltministerium: „Die Diskussion innerhalb der Bundesregierung dauert noch an.“ Auf Nachfragen verwies die Staatssekretärin darauf, dass innerhalb der Bundesregierung über mehrere mögliche Maßnahmen diskutiert werde. Neben der blauen Plakette seien dies abwechselnde Fahrverbote für Fahrzeuge mit geraden bzw. ungeraden Autokennzeichen sowie „die Differenzierung zwischen Dieselfahrzeugen und Benzinern“. Letzteres würde bedeuten, dass Fahrzeuge mit Dieselantrieb – auch diejenigen, die der Euronorm 6 entsprechen – mit Fahrverboten belegt würden. Bundesverkehrsminister Dobrindt hatte dies bereits im vergangenen Jahr den Ländern vorgeschlagen und ging damit über das hinaus, was Länder wie Baden-Württemberg erreichen wollen.
Dazu Matthias Gastel: „Es ist erbärmlich, dass sich innerhalb der Bundesregierung das Umwelt- mit dem Verkehrsressort noch immer nicht einig geworden ist, wie sie die Gesundheit der Menschen vor zu hohen Schadstoffkonzentrationen in der Atemluft schützen möchte. Für die einfachste Lösung, nämlich die blaue Plakette, gibt es bislang keine Unterstützung. Zugleich gibt es seitens des Bundes keinen Alternativvorschlag dafür, durch welche Maßnahmen die Luftbelastungen kurzfristig und ausreichend gesenkt werden können. Der Bund schiebt den Ländern die Verantwortung zu und riskiert, dass sich in Deutschlands Städten ein Flickenteppich verschiedenster Variationen von Fahrverboten durchsetzt. Ich fordere den Bund auf, schnellstens den Weg für die blaue Plakette frei zu machen statt noch mehr Zeit zu verbummeln.“